Mit dem Bau des Zentrums für Wasser- und Energiemanagement (ZWE) auf dem Campus der Hochschule Hof findet eine Vision ihre Erfüllung, die vor mittlerweile 15 Jahren von Hochschulpräsident Prof. Lehmann erdacht und später politisch durchgesetzt wurde. Für das erste Konzept des heutigen Instituts für Wasserstoff- und Energietechnik ( iwe) zeichnete später Prof. Dr. Willi Darr verantwortlich. Wir haben uns mit ihm, Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Lehmann, der ersten iwe-Institutsleiterin Prof. Dr. Manuela Wimmer und dem aktuellen Leiter, Prof. Dr. Tobias Plessing, unterhalten.
Herr Prof. Lehmann, in welcher Situation kam damals die Idee auf, über ein neues Institut nachzudenken?
JL: „Die Geschichte des Instituts reicht ins Jahr 2008 zurück. Das Thema Wasser wurde international immer bedeutsamer und somit wurde es auch zum Schwerpunktthema der Hochschule und fand Eingang in unser Entwicklungskonzept. Es stand aber die Frage stand im Raum: Wie bringen wir eine entsprechende Forschung unter. Am Klinikum Nürnberg entdeckte ich damals ein pyramidenförmiges Gebäude aus Glas, das mich begeisterte. Ich besprach dies intern und Prof. Dr. Robert Honke lieferte damals den Entwurf einer gläsernen Pyramide, der bereits von einer umfassenden Einbindung von Photovoltaik an der Fassade ausging.“
Dies wurde aber nie verwirklicht…
J.L: „Nein, aber um die Idee der Politik zu vermitteln, war dieser Entwurf ideal. Immerhin denkt die Politik stark in Bildern und dem, was sich damit vermittelt. Der Entwurf einer Wasserpyramide verfing dann auch glücklicherweise, auch wenn später allein aus Kostengründen schnell andere Entwürfe diskutiert wurden. Das Forschungsthema Energie kam übrigens erst deutlich später dazu.“
Einige Jahre später lief dann auch die inhaltliche Planung an. Hier kam Prof. Dr. Willi Darr in Spiel…
WD: „Ja, ich kam 2010 und mit langjähriger beruflicher Erfahrung an die Hochschule Hof. Bereits ein Jahr später kam im Senat die Frage auf, wie ein Angebot im Bereich Wasser aussehen könnte. Präsident Lehmann und Senatsvorsitzender Prof. Hans Schmidt fragten mich schließlich, ob ich es mir vorstellen könnte, dazu ein Konzept zu erstellen.“
Welche strategischen Überlegungen standen hinter dieser Idee?
WD: „Hier ging es im Grunde um die Erkenntnis, dass sich in der Region ein bedeutendes Cluster im Bereich Wasser bildete, das absehbar auch eine entsprechende Nachfrage nach Fachkräften generieren würde. Die Region Hof verfügte damals neben dem Wasserwirtschaftsamt und dem Landesamt für Umwelt (LfU) bereits über etliche Institutionen aus dem Bereich der Wasserindustrie – zum Beispiel Pumpenhersteller oder auch Unternehmen zur Wasserreinigung. Kurz zuvor war Hof zudem von der Bayerischen Staatsregierung offiziell sogar als Bayerischer Wasserkompetenzstandort benannt worden…“
…eine entsprechende Auszeichnung übergab der frühere bayerische Umweltminister Söder im Hofer Rathaus…
WD: „Genau richtig. Es tat sich also ökonomisch und auch politisch einiges in dem Bereich und es war klug von der Hochschule Hof auf diese Entwicklungen zu reagieren. Wir selbst konnten dabei inhaltlich auf dem Bachelor Umweltingenieur aufsetzen, den es bereits in unserem Angebot gab. Ich selbst war bei der anschließenden Arbeit auch immer getragen vom Denken in Clustern und Kompetenzzentren, denn sie sind eine hervorragende Grundlage für qualitativ hochwertige Bildungsangebote“
Was waren nun ihre ersten Schritte?
WD: „Ich musste mich gehörig „aufschlauen“. Nachdem ich überhaupt nicht aus dem Bereich komme und vom Wasser im Grunde nicht viel mehr wusste als dass man es trinkt und sich damit waschen kann, musste ich mich zunächst natürlich informieren. Ich führte viele Gespräche, unter anderem mit den Kollegen Schrott, Boos, Rauch und Schmid.”
Vor allem ging es mir darum zu erfassen, was man sich konkret unter einer Wasserwertkette vorzustellen hat – also was mit dem Wasser von der Quelle über die Nutzung bis zur Reinigung und Wiederverwertung alles passiert.”
Prof. Dr. Willi Darr
Und weiter: “Es ging dabei viel um Wasserchemie und Wasserbiologie. Und dann mussten wir definieren, in welchen Bereichen wir als Hochschule mit dem neuen Institut schließlich kompetent sein wollten und wo besser nicht.“
Auf welche Bereiche fiel dabei die Wahl?
WD: „Diese Entscheidung war recht eindeutig: Es sollte inhaltlich um Wasseranalytik, Wasseraufbereitung, den Wassertransport, die Verteilung, die Drucksteuerung und natürlich auch um die Wasserreinigung gehen. Aber dann mussten wir definieren, welche Angebote wir schaffen wollten und konnten: Auf den existierenden Bachelor musste natürlich ein Master gesetzt und idealerweise durch Weiterbildungsangebote flankiert werden. Und schließlich ging es noch um die Etablierung von Forschung zum Thema sowie um die Ausprägung entsprechender Fachexpertise. Es war also auch immer das Ziel, mit Expertinnen und Experten der Hochschule regionale und überregionale Fachgremien zu besetzen, um auch entsprechende Kompetenz zum Beispiel in staatliche Planungen oder in Verbände einbringen zu können. Und das Wichtigste war die Kompetenz für Forschung und Lehre, d.h. die hohe Attraktivität für die Studierenden“
Das hört sich jetzt alles recht problemfrei an. War es das wirklich?
WD: „Mitnichten. Denn ein Konzept ist schön und gut, wenn man noch nicht über die notwendigen Ressourcen verfügt. Und genau die mussten natürlich zuerst ermittelt und dann finanziert werden. Es ging um Lehrpersonal, Verwaltung, Gebäude und nicht zuletzt um die notwendige Technik. Ich kann mich noch gut an die Situation erinnern als ich den ermittelten Bedarf mit Hochschulpräsident Prof. Lehmann erörterte. Seine Reaktion war eindeutig. Er meinte: „Das Geld bekommen wir niemals. Da müssen wir irgendwo sparen.“ Da es gerade schneite, schlug ich scherzhaft vor beim neuen Gebäude dann doch einfach das Dach wegzulassen, was uns beide zum Lachen brachte.“
Wie ließ sich das Problem lösen?
WD: „Professor Lehmann beharrte gegenüber dem Ministerium auf der Ausgangsplanung. Nach Gesprächen in München bekam der Hochschulpräsident das Gebäude und die Mitarbeitenden bewilligt aber keine Sachmittel. Insbesondere Mittel für die Technik einzuwerben war dann eine der ersten Aufgaben der ersten iwe-Institutsleiterin. Dafür konnte man Prof. Dr. Manuela Wimmer gewinnen, die damals frisch an die Hochschule Hof gewechselt war. Es war wichtig, dass das neue Institut mit einer ausgewiesenen Fachfrau an der Spitze startete. “
Frau Prof. Wimmer, jetzt waren Sie an der Reihe: Wie gestaltete sich der Start für Sie und was waren Ihre größten Herausforderungen beim Aufbau des iwe?
MW: „Nachdem ich ein dreiviertel Jahr an der Hochschule war fragte mich 2014 unser Präsident, ob ich mir vorstellen könnte, die Leitung eines Forschungsinstitutes im Bereich Wasser auf- und auszubauen. Voller Motivation und mit viel Naivität machte ich mich an die Arbeit. Die Aufgabe gliederte sich in 2 Bereiche: Den Bau des Institutsgebäudes begleiten und andererseits bereits Forschung aufzubauen, was nur gemeinsam mit forschungsaffinen Kollegen gelingen konnte.“
Im März 2015 erfolgte dann die Gründung…
MW: „Ja. Unsere Ausstattung war – sagen wir – überschaubar.”
Wir hatten einen halben Mitarbeiter sowie 3000 EUR in Sachmitteln für das Jahr. Wir konnten aber natürlich auf bestehende Ressourcen wie Professorinnen und Professoren zurückgreifen. Damit war schnell klar, dass das Basiskonzept nur„bottom-up“ lauten konnte. Das Institut musste zunächst auf der Basis der bestehenden Ressourcen funktionieren.”
Prof. Dr. Manuela Wimmer, damalige iwe-Institutsleiterin
Sie fährt fort: “Ziel war es, den Bereich Wasser mit dem Bereich Energie synergetisch zu verknüpfen, um eine große Schlagkraft zu erreichen und im Institut für Wasser- und Energiemanagement zusammen zu führen.“
Welche personellen Ressourcen waren das denn genau?
MW: „Wir hatten fünf forschungsinteressierte Professorinnen und Professoren, zwei davon aus dem Bereich Wasser und drei aus dem Bereich Energie. Projekte gab es zu diesem Zeitpunkt keine und auch keine Mittel, die man hätte abrufen können. Um tatsächlich Forschung zu betreiben sind finanzielle Mittel aber zwingend nötig und ich sah meine Aufgabe darin, Mittel für Forschungsaktivitäten zu akquirieren und – aufbauend auf Vorgesprächen unseres Präsidenten – weitere Gelder ins Haus zu holen für eine Wasser-Professur (Stiftungsprofessur) – mit einer halben Freistellung für Forschung. Zudem mussten Organisation und Strukturen aufgebaut werden und Räume für potentielle Mitarbeitenden organisiert und ausgestattet werden.“
Wie wollten Sie das iwe ausrichten?
MW: „Die strategische Grundausrichtung von Prof. Darr war hervorragend und wurde durch die Bereiche Digitalisierung, Wasserinfrastruktur und um den gesamten Energiebereich ergänzt. Unsere Zukunftsthemen waren damals: Die Digitalisierung im Wasserbereich, die Schwammstadt, Energiesysteme, Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit.“
Wann war klar, dass die Gründung erfolgreich sein würde und man mit der Positionierung des iwe richtig lag?
MW: „Vom ersten Tag an – was Schlagworte wie „Klimawandel ist Wasserwandel“ belegen (*lacht*). Unser Joker war, dass der erste Antrag für ein forschungsgruppenübergreifendes Projekt „Grüne Technologiewerkstatt“ bewilligt und von der EU mit 1,5 Mio. EUR gefördert wurde. Damit war eine hervorragende Ausgangslage als Startschuss für Forschungs- und Transfertätigkeiten geschaffen.
Bald veröffentlichten auch die ersten wissenschaftlichen Mitarbeiter aus dem Projekt bzw. wir Forschungsgruppenleiter selbst erste Publikationen und weitere Förderbescheide für Forschungsprojekte gingen ein. Zudem konnte die Stiftungsprofessur „Wasserinfrastruktur und Digitalisierung“ besetzt werden. Damit wurde unser iwe beispielsweise auch von den renommierten Wasserforschungsinstituten in Deutschland wahrgenommen.
Zudem gibt es den Master-Studiengang „Sustainable Water Management and Engineering“, der das Profil abrundet – der erste Studienbeginn war hier im Wintersemester 2021/2022. Mit mehreren 100 Bewerberinnen und Bewerbern ist die Nachfrage enorm. Es kommt auch den Forschungsprojekten sehr zugute, dass viele Masterstudierende großes Interesse haben als HiWi oder Masterand in Projekten mitzuarbeiten. Ich bin sehr dankbar, dass mein Konzept zum Studiengang von 2020 sich synergetisch hinsichtlich Lehre und Forschung entwickelt hat.“
Prof. Plessing, als heutiger Leiter des iwe gestalten Sie mit Ihrem Team die Gegenwart und zu einem guten Teil auch die Zukunft des Instituts. Welche Bedeutung hat dabei letztlich das im Bau befindliche Gebäude?
TP: „Für die Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs des ZWE-Gebäudes haben der Kollege Honke und ich die Vision entwickelt, ein energieautarkes Institutsgebäude zu bauen, welches selbst Gegenstand der Forschung wird.
Die ursprüngliche Idee war auf Anregung unseres Präsidenten eine Doppelpyramide zu bauen. Darum wurde das Gebäude am Anfang auch immer als „Wasserpyramide“ bezeichnet. Der Entwurf der Architekten von M hatte diese Vision aufgegriffen und damit auch den Wettbewerb gewonnen. Zentraler Bestandteil des Gebäudes ist ein großer Wasserspeicher in der Mitte des Gebäudes sowie ein Stahlgerüst um das Gebäude, welches uns ermöglicht solarthermische und Photovoltaikelemente an der Fassade anzubringen. Das Dach und die weitere Peripherie dienen zusätzlich als „Außenlabor“. So wird das Gebäude wirklich zum Forschungssgegenstand.“
Welche Herausforderungen gilt es heute noch zu lösen?
TP: „Sicherlich ist eine der großen Herausforderungen, das Gebäude später mit einer eigens entwickelten Steuerung und Regelung zu betreiben. Dazu hat Prof. Honke einen Forschungsantrag beim 7. Energieforschungsprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima eingeworben. Das Projekt OUR-E wurde zum Glück genehmigt. Auf diesem Thema promoviert nun Robin Fick als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Kooperation mit der Uni Bayreuth. Der Betrieb des Wasserspeichers in Zusammenhang mit zahlreichen unterschiedlichen solarthermischen Applikationen wird sicherlich auch eine weitere Herausforderung. Wir sind froh, dass dieser schon im Gebäude steht.“
Wo sehen Sie das iwe in 10 Jahren? Mit welcher Entwicklung können wir rechnen?
TP: „Nachdem die Forschungsgruppen in den letzten Jahren so schnell gewachsen sind und damit auch die Mitarbeiteranzahl hat der Hochschulrat beschlossen, das iwe in zwei eigenständige Institute aufzuteilen. Das iwe wurde zum Institut für Wasserstoff- und Energietechnik (weiterhin iwe). Die „Wasserforschung“ wurde im Institut für nachhaltige Wassersysteme (InWa) weitergeführt.”
In zehn Jahren hoffe ich, dass wir unter Beweis stellen konnten, dass unser Gebäudekonzept ein funktionierendes Beispiel weit über die Region Hofs hinaus wird und wir die gesamte Hochschule energieautark und nachhaltig betreiben.”
Prof. Dr. Tobias Plessing, Institutsleiter
Und weiter: “Im Bereich Wasserstoff wünsche ich mir, dass wir erfolgreich in der Anwendung und alternativen Herstellung von Wasserstoff als fortschrittliches Forschungsinstitut in der Wissenschaftscommunity wahrgenommen werden. Erste Projekte sind bereits gestartet und wir haben zusammen mit dem ibp und dem ifm dazu einen interdisziplinären Forschungsantrag bei der DFG für einen Forschungsimpuls (ca. 5 Mio €) gestellt.“
Herr Prof. Darr, sind Sie als derjenige, der mit seinem Konzept einen wichtigen Grundstein legte, heute zufrieden mit der Entwicklung?
WD: „Natürlich hätte man sich baulich eine schnellere Lösung gewünscht, aber das lag nicht in der Verantwortung der Hochschule. Inhaltlich wurden aus meiner Sicht alle Ziele erreicht: Das Gebäude entsteht, die Masterstudiengänge wurden schon 2013/14 aufgesetzt und sind sehr beliebt, die Forschung liefert durch eine hohe Anzahl an Projekten auch eine Vielzahl an nutzbringenden Erkenntnissen und unsere Lehrenden sind absolut anerkannt. Damit kann man in jedem Fall zufrieden sein. Der Blick in die Zukunft stimmt mich außerdem natürlich auch sehr optimistisch, was die Entwicklung des iwe angeht.“
Herzlichen Dank für das Gespräch!