Im Jahr 2021 wurden die Hochschule Hof, der Landkreis Hof und die Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) zusammen mit neun weiteren Partnern für die Durchführung eines wegweisenden Projektes ausgewählt, das digitale Standards für die gesamte europäische Baubranche schaffen soll. Privates und öffentliches Bauen soll damit zukünftig einfacher, schneller und effizienter werden. Technisch umgesetzt werden soll dies auf Basis der europäischen, technischen Infrastruktur GAIA-X, welche die Europäische Union als Alternative zu US-amerikanischen Anbietern wie Microsoft etablieren will. Bei einem Treffen der beteiligten Projektpartner konnten nun erste Erfolge auf regionaler Basis verkündet werden.
„GAIA-X ist ein Projekt zum Aufbau einer wettbewerbsfähigen und gleichzeitig vertrauenswürdigen Dateninfrastruktur für Europa. Es soll helfen, die europäische Datensouveränität und Datenverfügbarkeit zu gewährleisten“, erklärt Prof. Dr. Beatrix Weber, Leiterin der Forschungsgruppe Recht in Nachhaltigkeit, Compliance und IT am Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof (iisys). Zusammen mit dem Landkreis Hof als Baugenehmigungsbehörde und der LGA hatte sich die Hochschule Hof mit dem Projekt „iECO: intelligent Empowerment of Construction Industry (Intelligente Stärkung der Bauindustrie)“ im Förderwettbewerb des Bundeswirtschaftsministeriums in einem hochkarätig besetzten Konsortium beworben und war erfolgreich.
Gemeinsamer Datenraum für die europäische Bauwirtschaft
Das Projekt iECO hat seitdem die Schaffung eines gemeinsamen Datenraums für die europäische Bauwirtschaft zum Ziel. Die Bauindustrie zählt mit rund 2,5 Mio. Beschäftigten und einem Umsatz von 130 Mrd. Euro zwar zu den Schlüsselindustrien der deutschen Wirtschaft, hinkt bei der Digitalisierung aber noch weit hinterher:
Bauen dauert in Deutschland oft viel zu lange, in vielen Bereichen herrscht Wohnungsnot und auch von Ressourceneffizienz kann all zu oft leider keine Rede sein.“
Hans-Peter Trinkl, Vorstandsvorsitzender LGA
Digitalisierung, Rechtssicherheit und Digitaler Gebäudepass
Gemeinsam will man deshalb nun für eine Beschleunigung und für eine bessere Effizienz von Verfahren sorgen. Dazu sollen zunächst die notwendigen Prozesse und Dokumente digitalisiert werden – auch um unnötige Papiermengen im Bauverfahren einzusparen.
Dabei ist es von größter Bedeutung, dass wir durch juristische Lösungen mehr Rechtssicherheit und Vertrauen für diese digitalen Prozesse schaffen.“
Prof. Dr. Beatrix Weber
Zudem soll durch eine entsprechende Datengewinnung am Bauwerk die Schaffung eines Digitalen Gebäudepasses erreicht werden, welcher dann vielerlei Informationen über den Lebenszyklus öffentlicher und privater Bauwerke enthalten soll.
Erste Projekterfolge
Bei einem Konsortialtreffen in der Hochschule Hof wurden nun die ersten Projektfortschritte vorgestellt: So erprobt die Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) derzeit den Prüfprozess der Standsicherheit in Stahl- und Holzbau mit Hilfe von Building Information Modeling (BIM), einer Arbeitsmethode für die vernetzte Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Gebäuden mit Hilfe von Software. In einem konkreten Anwendungsfall, der Kletterwache in Rehau, werden dabei alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst.
Wie Dr. Oliver Bär, Landrat des Landkreises Hof, bekanntgab, führt der Landkreis Hof als untere Bauaufsichtsbehörde derzeit mit Hilfe des Unternehmens smartlytic GmbH eine Prozessanalyse zur Integration und Erprobung von BIM in die Genehmigungsprozesse durch.
Dies ist ein weiterer wichtiger Baustein auf dem Weg der Digitalisierung und Vereinfachung unserer Prozesse. So kann beispielsweise die Visualisierung in Form von 3D-Modellen sowohl für die Planung als auch für die Genehmigung hilfreich sein.“
Dr. Oliver Bär, Landrat des Landkreises Hof
Als einer der ersten Landkreise Bayerns engagiert sich der Landkreis Hof zudem von Beginn an im bayerischen Modellversuch Digitaler Bauantrag undbringt seine Erfahrungen zu juristischen Fragen des Genehmigungsverfahrens aus der Praxis in das Projekt ein.
Die Hochschule Hof selbst hat ein Modell im Bereich von Rechtemanagement und Data Governance entwickelt und erprobt, mit dem die sichere und vertrauensvolle Datennutzung im Bauwesen ermöglicht wird – sowohl für den privaten Sektor wie für die Verwaltung. Es wurde bereits in zahlreichen Veröffentlichungen und bei bundesweiten Vorträgen vorgestellt.
Beteiligte Projektpartner
- A1 Digital Deutschland GmbH
- Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.
- Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hof
- Implenia Hochbau GmbH
- IPROconsult GmbH
- N+P Informationssysteme GmbH
- LGA Landesgewerbeanstalt Bayern
- Software AG
- Technische Universität Dresden
- Landkreis Hof (assoziierter Partner)
- Konsortialführung: RIB Information Technologies AG
Projektaufgaben in der Modellregion Hofer Land:
- Hochschule Hof: Data Governance, rechtliche Rahmenbedingungen der Digitalisierung im Bauwesen, Data Governance und Rechtemanagement BIM;
Ansprechpartner: Prof. Dr. Beatrix Weber - Landesgewerbeanstalt Bayern, LGA: Digitalisierung der Prüfung als Teil des Genehmigungsverfahrens;
Ansprechpartner: Dr. Marcus Achenbach, stellv. Prüfamtsleiter Hof - Landkreis Hof (assoziierter Partner): Schnittstellen der öffentlichen Hand zur Bauwirtschaft zur Beschleunigung der Digitalisierung, Integration von BIM in den Genehmigungsprozess;
Ansprechpartner Herr Frank, Frau Schmidt