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„China ist enorm erstarkt. Es blinkt nach rechts und biegt doch links ab“

Mit rund 160 Teilnehmenden zeigte das 8. EUROPA-FORUM, dass die Hochschule Hof ihr Ziel erreicht, mit der Zivilgesellschaft ins Gespräch zu kommen: „Die EU stiftet unmittelbaren Nutzen hier in der Region“, so Vizepräsident Prof. Dr. Valentin Plenk, der die Veranstaltung eröffnete. Die Hochschule werbe viele Fördergelder ein, welche den hiesigen Firmen und Organisationen zugutekämen. Das diesjährige Forum beschäftigte sich mit den Handelsbeziehungen zwischen China und Europa, denn viele oberfränkische Firmen haben Kontakte nach Fernost.

Prof. Dr. Peter Schäfer, der Vater des Europa-Forums an der Hochschule Hof, trug auch bei der mittlerweile 8. Ausgabe der Veranstaltung selbst vor; Bild: Hochschule Hof;

„China ist eine Weltmacht. Wir müssen uns einfach mit diesem Land beschäftigen“, so auch Moderator Matthias Will von der Frankenpost in seinem Intro. Die Welt sei instabil geworden und Deutschland müsse für sich klären, wie es mit China umgehe, denn einerseits seien beide erbitterte Konkurrenten, andererseits aber auch eng wirtschaftlich verflochtene Partner.

Unterschiedliche Werteebene

„China hat die doppelte Fläche von Europa und eine dreifache Bevölkerungszahl“, so Professor Peter Schäfer, der Ideengeber und Organisator des Forums ist. Für ihn sei es das Ziel, dass das Forum den europäischen Einigungsgedanken wachhalte und immer wieder erneuere. Nach siebzig Jahren Friedensherrschaft sei dies immer noch sehr wichtig. „China ist enorm erstarkt und die EU ist erstaunt, dass China etwas anderes will als die EU“, so Finn Mayer-Kuckuk, der als ausgewiesener China-Kenner und Hauptredner zum Europa-Forum geladen war. „Es ist typisch, dass China rechts blinkt und dann doch links abbiegt“: Die europäischen Länder und China seien auf der Werteebene nicht miteinander verbunden, so der Experte weiter.

ReferentInnen und Team des 8. Europa-Forums, v.l.n.r.: Anne-Christine Habbel (Team), Moderator Matthias Will (Frankenpost), Referent Professor Dr. Peter Schäfer (Hochschule Hof), Referent Professor Dr.-Ing. Valentin Plenk (Hochschule Hof), Katrin Müller (Team), Referent Ole Stark (Student, Hochschule Hof), Professor Dr. Dunja Stadtmann (Hochschule Hof), Michael Kretzer (Max Pharma GmbH), Finn Mayer-Kuckuk (Table.Media); Bild: Hochschule Hof;

Deutschland wird an Bedeutung verlieren

Nichtsdestotrotz bliebe China der wichtigste Handelspartner der EU. Finn Mayer-Kuckuk vom digitalen Medienhaus Table.Media, der als Hauptstadtkorrespondent auch über die China-Politik der deutschen Regierung berichtet, zog das Publikum mit vielen Fakten und guten Erklärungen in seinen Bann: „Wussten Sie, dass in China 33 VW-Werke stehen, in Deutschland insgesamt nur 66?“ Und auch für die Hochschule Hof hat er einen Tipp parat: „China kann sehr gut Applied Sciences, die Hochschule Hof sollte sich mit China beschäftigen.“ Für ihn ist es eindeutig, dass China den angestammten Platz einer Supermacht wiederhaben möchte, auf Augenhöhe mit den USA, und dass Deutschland an Signifikanz verlieren werde. Man befinde sich in einem Wettlauf der Technologien, die Frage wäre, ob Deutschland das auch wisse: „Deutschland muss die Idee überwinden, mit allen befreundet zu sein. China ist kein Freund“, so der China-Kenner, der selbst lange im Reich der Mitte gelebt hat. Sein Fazit ist dennoch ermutigend: “China ist gekommen, um zu bleiben. Die Handlungsfähigkeit der EU sieht man an ihrem Umgang mit China. Hier darf die deutsche Politik sich trauen, mehr in Führung zu gehen.”

Firmen wollen Abhängigkeit verringern

Die Leiterin des Sprachenzentrums der Hochschule Hof, Professorin Dunja Stadtmann, stellte in einem Kurzabriss 2500 Jahre chinesischer Rechtsgeschichte vor. Interessant zu hören war, dass das deutsche BGB auch starken Einfluss auf die Entwicklung des chinesischen Rechts hatte. Mit dem Beginn von Chinas kommunistischer Ära begann jedoch eine Verwaltung mit einem minimalen Maß an Gesetzgebung. Seit dieser “Stunde Null” entstanden wieder Gesetze, von denen “Das Equity Joint Venture von hohem Wert ist“, so Professorin Stadtmanns Einschätzung.

Diskussionsrunde beim 8. Europa-Forum; Bild: Hochschule Hof;

Überraschend auch die Erkenntnisse aus der Bachelorarbeit von Ole Stark: Der Student hat in seiner Arbeit ausgewertet, dass das Thema China im Bundestag eine immer weitere steigende Relevanz bei den Redebeiträgen hat und das rund 50 Prozent der deutschen Firmen ihre Abhängigkeit von China verringern wollen.

Zähe Honigwände

„Seit rund zwanzig Jahren befinde ich mich im sportlichen Wettkampf mit China“, so Michael Kretzer von der Firma Max Pharma in Gattendorf bei Hof. Der oberfränkische Pharmagroßhändler, der sich samt einer chinesischen Mitarbeiterin schon früh in Dalian, einer Hafenstadt auf der Halbinsel Liandong, angesiedelt hatte, erzählte, warum ein Joint Venture für ihn so wichtig war: „Chinesische Gesetze werden frei interpretiert, man erkennt nicht immer die wahren Verhältnisse“. Mit Hilfe seiner Partner habe er im stark expandierenden chinesischen Markt Fuß fassen können und gute Beziehungen aufgebaut. Irgendwann wurde jedoch klar, dass seine Firma für den chinesischen Partner einfach nur dazu da gewesen war, chinesische Baugelder für Förderanträge zu bekommen. Als diese Entwicklung abgeschlossen war, ist er bei den lokalen Behörden „wie gegen eine Honigwand gelaufen“, alles sei zäh gewesen. Er hat sich entschieden, außerhalb der Grenzen Chinas bleiben und den Handel von dort organisieren, und empfiehlt diese Vorgehensweise auch anderen, kleinen Unternehmen aus Deutschland.

Ein kleines Literaturangebot ergänzte das 8. Europaforum; Bild: Hochschule Hof;

Angeregte Diskussion

Im Publikum wurden die vorgetragenen Standpunkte aufgenommen und interessiert diskutiert: Eine größere Firma aus der Region diskutierte ihre positiven Erfahrungen im chinesischen Markt und verglichen diese mit denen von kleinen Unternehmen. Die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs auf Taiwan wurde diskutiert. Briefingdienst-Redaktionsleiter Finn Mayer-Kuckuk schätzte einen direkten Angriffskrieg als unwahrscheinlich ein – viel wahrscheinlicher dagegen eine “Salami-Taktik” der schrittweisen Zermürbung. Vertreterinnen der IHK Oberfranken besprachen die Mediation als vorteilhafte Konfliktlösung mit Professorin Dunja Stadtmann. Interessierte Fragen zur Einschätzung der aktuellen deutschen Außenpolitik mit China und zu internationalen Studierenden an der Hochschule Hof wurden ebenfalls beantwortet. 

Ausstellung im Foyer

Aus der Region stellten sich in der begleitenden Foyerausstellung drei Partner der Veranstaltung vor: Die Initiative Demokratie Leben, die den gesellschaftlichen Zusammenhang fördern will sowie die beiden Buchanbieter um das Thema China: Von der Buchgalerie im Altstadt-Hof sowie der hochschuleigenen Bibliothek wurde eine Auswahl an unterschiedlichster China-Literatur präsentiert.

Anne-Christine Habbel

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