Kostenlos abonnieren

Werden Sie regelmäßig per E-Mail über neue Ausgaben der campuls informiert. Sie können Ihr kostenloses Abo jederzeit einfach online über den Abmeldelink im Newsletter kündigen.

Weitere Infos zu Datenschutz & Widerrufsrecht finden Sie hier.

Grüner Wasserstoff als Kerntechnologie der Energiewende – Partnerschaften mit Namibia

Der klimaneutral hergestellte Grüne Wasserstoff gilt als der Energieträger der Zukunft und ist essentiell für das Gelingen der Energiewende. Dieser saubere und sichere Energieträger wird durch die Nutzung erneuerbarer Energien wie Sonne, Wind und Biomasse produziert. Trotz der Fortschritte kann Deutschland seinen Bedarf an Grünem Wasserstoff nicht vollständig aus eigener Kraft decken. Daher fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der nationalen Wasserstoffstrategie den Ausbau internationaler Wasserstoff-Partnerschaften.

Die Studentinnen Monika Niimpungu Leevi (2.v.l.) und Justine Nelago Auene mit Institutsleiter Prof. Dr. Tobias Plessing (l.) und Dr.-Ing. Andy Gradel; Bild: Hochschule Hof;

Insbesondere Namibia wird von vielen Expertinnen und Experten als eines der vielversprechendsten Länder für die kostengünstige Produktion von Grünem Wasserstoff und dessen Derivaten wie Methan, Ammoniak oder Methanol betrachtet. Diese auf Grünem Wasserstoff basierenden gasförmigen oder flüssigen Energieträger spielen eine wichtige Rolle in der globalen Energielandschaft. Namibia hat sich ambitionierte Ziele gesetzt und plant, bereits vor 2025 mit dem Export von Grünem Wasserstoff zu beginnen. Diese Kooperation könnte einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung und zum internationalen Klimaschutz leisten. Auch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist für das BMBF in Namibia aktiv. Sie arbeitet u.a. an den Schwerpunkten nachhaltige Wirtschaftliche Entwicklung und dem Management natürlicher Ressourcen. Im Vordergrund steht der umweltgerechte Zugang zu nachhaltigen Ressourcen.

In unserem Interview kommen alle Beteiligten zu Wort: Wir sprechen zum einen mit Dr. Andy Gradel, dem stellvertretenden Institutsleiter des Instituts für Wasserstoff und Energietechnik. Er begleitet die Kooperation zwischen der Universität Windhoek und der Hochschule Hof maßgeblich. Zum anderen sprechen wir mit Prof. Habauka Kwaambwa, dem stellvertretenden Dekan der Fakultät für Naturwissenschaften und Angewandte Wissenschaften an der Namibia University of Science and Technology in Windhoek. Ebenso beteiligt: die beiden Studentinnen Monika Niimpungu Leevi und Justine Nelago Auene, die derzeit in Hof mit ihren Abschlussarbeiten beschäftigt sind.

Herr Prof. Plessing, Herr Dr. Gradel: Wir haben zuletzt von Ihnen öfter das Schlagwort „Namibia“ gehört, Sie haben auch an einer Wissenstransferreise des Bayerischen Bildungswerks teilgenommen. Was hat es damit auf sich?

Plessing: “Im von der GIZ, also der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, geförderten Projekt „Entbuschung und Verwendung der Biobuschmasse in Namibia“ hat das BBW deutsche Experten nach Namibia entsendet, um dort Wissenstransfer zu zur energetischen Nutzung von Biomasse zu leisten. Wir waren hierfür an der NUST, also der technischen Universität in Windhoek, und haben den Aufbau des Forschungsschwerpunkt „Treibstoffe aus Biomasse“ und unsere zukünftige Zusammenarbeit mit Prof. Habauka Kwaambwa diskutiert.”

Und dann hatten wir auch einen Besucher hier aus Namibia sowie zwei Studentinnen, die jetzt hier an der Hochschule Hof studieren. Welche Verbindung hat die Hochschule Hof hier?

Gradel: “Das Bundesforschungsministerium (BMBF) hat neben konkreten Projektförderungen auch eine große Summe für Stipendien zur Ausbildung Namibischer Fachleute auf das Thema Wasserstoff freigegeben. Zwei dieser sogenannten „Youth for Green Hydrogen“ Stipendien haben Studentinnen aus Prof. Kwaambwas Master-Programm bekommen. Wir haben dann mit ihm zusammen dafür gesorgt, dass Monika Niimpungu Leevi und Justine Nelago Auene die ersten aus dem gesamten Programm sind, die in Windeseile zum Sommersemester hier in Hof starten konnten.”

Um welche Wasserstoffthemen wird es konkret an der Hochschule Hof gehen?

Gradel: “Unsere Forschungsschwerpunkte sind Biomasse und Biowasserstoff mit Professor Tobias Plessing, Photokatalyse mit Professor Tobias Schnabel und Spurenstoffelimination mit Prof. Andreas Schmid. Die jungen Wissenschaftlerinnen arbeiten nun an den Themen „Photokatalytische Wasserstoffherstellung mittels beschichteter Biokohle“ und „Auswirkungen der Wasseraufbereitung für die Elektrolyse auf die Meeresbiologie am Produktionsstandort“.”

Die Studentinnen sind aktuell in Hof. Wie geht es für die beiden weiter?

Plessing: “Die beiden Masterandinnen sind gerade mitten in der Arbeit, machen also Experimente, Auswertungen und gleichzeitig Prüfungen in ausgewählten Fächern unseres englischsprachigen Angebotes. Sie forschen in unseren Laboren für sechs Monate bis September und erhalten dann zuhause in Namibia bald ihren Masterabschluss. Vielleicht beehren sie uns eines Tages wieder, z.B. als Doktorandinnen.”

Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia, wurde 1884 zum ersten deutschen „Schutzgebiet“ des deutschen Kolonialreiches. Wirtschaftsminister Habeck sagte auf einer früheren Reise, dass Deutschland bei seinen energiepolitischen Partnerschaften in der Verantwortung stehe. “Das Letzte, was wir akzeptieren dürfen, ist eine Art von grünem Energie-Imperialismus.” Wird das in Ihrer Zusammenarbeit mit den namibischen Partnern thematisiert?

Plessing: “Wir reden manchmal über Politisches, auch vor Ort mit anderen Einheimischen haben wir gesprochen. Man muss hier wirklich Samthandschuhe tragen, weil nicht nur in ferner Vergangenheit Fehler gemacht wurden – siehe die frustrierende Rückgabe der Schädel 2018. Aussagen wie die des Ministers dienen hier der direkten Außerkraftsetzung möglicher Vorwürfe. Die hoffentlich bald neu entstehende Infrastruktur wird sich, denke ich, sehr positiv auf die Situation in Namibia auswirken, da zehnmal so viel Erzeugungsleistung wie bisher im Land vorhanden neu installiert wird und zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen werden.”

Gradel: “Auf Arbeitsebene ist das für uns sehr spannend, wir können hier viel voneinander lernen.  Zudem ist die akademische Ausbildung in Namibia exzellent, wir sind begeistert von den Kenntnissen und dem Interesse der Stipendiatinnen.”

Herr Prof. Kwaambwa, was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit der Hochschule Hof? Waren die formalen Schritte schwierig, z. B. die Bewerbungen um die Stipendien für die Master-Studenten?

Kwaambwa: “Ich erwarte, dass die Zusammenarbeit weiterhin die Stärken beider Einrichtungen nutzt, um Lehre, Lernen und Forschung zu verbessern, mit besonderem Schwerpunkt auf den aufstrebenden Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik (MINT). Erreicht werden soll dies durch Austauschprogramme für Lehrkräfte und Studierende, gemeinsame Forschungsprojekte von Lehrkräften und Studierenden sowie die Entwicklung von Lehrplänen und Qualifikationen für gemeinsame Programme und Abschlüsse. Letzteres hat den Vorteil, dass die Studierenden für die Teilnahme an gemeinsamen Kursen an einer der beiden Einrichtungen Credits erwerben können.

Prof. Habauka Kwaambwa (li.), stellvertretender Dekan der Fakultät für Naturwissenschaften und Angewandte Wissenschaften an der Namibia University of Science and Technology in Windhoek, im Laborgespräch mit Michael Dölz, Leitender Techniker des Instituts für nachhaltige Wassersysteme der Hochschule Hof (inwa) und Monika Niimpungu Leevi; Bild: Hochschule Hof;

Die formalen Schritte für die Zusammenarbeit wurden durch den Besuch von Professor Tobias Plessing und Dr. Andy Gradel im Jahr 2023 in Namibia als technische Berater für unser Forschungsprojekt “Stärkung der Forschungs- und Produktionskapazitäten im Gesundheitssektor in Namibia und Entwicklung eines neuen Wirtschaftssektors für die Nutzung von Biomasse” erleichtert, das über die Gesellschaft für Internationale Zusammnarbeit (GIZ) vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) finanziert wurde.

Noch vor der Formalisierung der Zusammenarbeit durch ein Memorandum of Understanding (MoU) trafen Prof. Tobias Plessing und Dr. Andy Gradel sowie Prof. Tobias Schnabel Vorkehrungen für die Aufnahme von vier Masterstudenten (zwei davon unter meiner Anleitung in Namibia) im Rahmen der von SASSCAL verwalteten „Youth for Green Hydrogen Scholarships“ aus Deutschland. Die zwei namibischen Studenten sind derzeit für ihre sechsmonatigen Forschungsaktivitäten am Institut für Wasserstoff- und Energietechnik der Universität Hof (iwe) untergebracht.”

Sie waren auch selbst als Gastdozent vor Ort…

Kwaambwa: “Ja, genauer gesagt vom 26. bis 30. Mai 2024. Die genannten Aktivitäten haben wesentlich zum Abschluss des Memorandums of Understanding und zur Ausweitung der Zusammenarbeit durch ein Studentenaustauschabkommen beigetragen, das derzeit fertiggestellt wird. Sobald letzteres abgeschlossen ist, wird ein weiterer Masterstudent mit demselben Stipendium von unserer Universität zum Wintersemester kommen.”

Kommen wir zu unseren beiden Studentinnen: Monika Niimpungu Leevi und Justine Nelago Auene. Justine, wie sind Sie auf die Idee gekommen, nach Deutschland zu gehen?

Justine Nelago Auene: “Nach Deutschland zu kommen ist Teil des BMBF/SASSCAL-Stipendienabkommens…”

Monika Niimpungu Leevi: “Meine Reise nach Hof war fantastisch! Nach einem langen Flug wurde ich von den Mitarbeitern des Instituts für Wasserstoff- und Energietechnik (iwe) am Flughafen herzlich empfangen und bekam eine Stadtführung. An der Hochschule fühlte ich mich aufgrund der Gastfreundschaft sofort wie zu Hause.”

Und wie klappt es mit dem wissenschaftlichen Arbeiten?

Monika Niimpungu Leevi: “Meine akademische Arbeit läuft sehr gut, die Forschung und die Kursarbeit sind sowohl anspruchsvoll als auch lohnend. Ich bin dem iwe, den Studierenden und den Dozenten für ihre Unterstützung dankbar. Ich habe bereits die Hälfte meiner Arbeit hinter mir und genieße es, mit fortschrittlichen Laborgeräten zu arbeiten, was sowohl zu meiner akademischen als auch zu meiner beruflichen Entwicklung beitragen wird.”

Was hat Sie, Justine, motiviert, sich in Ihrem Studium näher mit dem Thema Wasserstoff auseinanderzusetzen?

Justine Nelago Auene: “Meine Motivation, mich während meines Studiums mit dem Thema Wasserstoff zu beschäftigen, rührt von seinem Potenzial her, den Klimawandel und die Nachhaltigkeit der Energieversorgung maßgeblich zu beeinflussen.  Die Interdisziplinarität der Wasserstoff-Forschung mit den neuesten Erkenntnissen der Materialwissenschaften ist eine intellektuell anregende Herausforderung, die ich gerne annehme.”

Auch in Hof unterwegs: Die Gäste aus Namibia auf dem Hofer Schlappentag; Bild: Hochschule Hof;

Monika, was fällt Ihnen besonders auf an der Hochschule Hof?

Monika Niimpungu Leevi: “Was mir besonders aufgefallen ist, ist der Zusammenhalt, die Sicherheit und die Unterstützung sowohl durch das Verwaltungspersonal als auch durch das akademische Personal; es gibt immer jemanden, der bereit ist zu helfen. Ich bin beeindruckt von der Freundlichkeit des iwe und der Gemeinschaft an der Hochschule Hof. Außerdem hat mich das Engagement der Hochschule für Nachhaltigkeit beeindruckt und ich habe es genossen, die zahlreichen Traditionen während des Schlappentags zu erleben.”

Vielen Dank Ihnen allen für das Gespräch!

Anne-Christine Habbel

Weitere Themen