Er ist viel in der Welt herumgekommen für seine Forschung: Der Äthiopier Dr. Molla Tadesse Abate von der Bahir Dar University absolvierte über Erasmus Mundus ein gemeinsames Promotionsprogramm an der Universität Borås (Schweden), dem Politecnico di Torino (Italien) und der Soochow University (China). In Deutschland wurde der Postdoc gerade für den Georg Forster-Forschungspreis nominiert, eines der renommierten Stipendien der Alexander von Humboldt-Stiftung. Seit dem 1. Juli hat er seine Forschungstätigkeit am Textilstandort Münchberg der Hochschule Hof aufgenommen.
Dr. Molla Tadesse Abates Forschung beschäftigt sich mit Textiltechnologie, genauer gesagt mit dem Färben und Veredeln von Textilfasern. Diese Fasern bestehen aus recycelten oder biobasierten Polymeren. „Wir haben da eine gute Win-Win Situation für uns alle“, sagt sein Betreuer, Prof. Dr. Michael Rauch, der die internationale Ausrichtung des neuen Kollegen schätzt:
Normalerweise bekommen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften keine Alexander von Humboldt-Stipendien, dieses Mal ist also eher eine Ausnahme, denn der Forschungspreis Georg von Forster passte haargenau auf Dr. Molla.”
Prof. Dr. Michael Rauch
Und so wurde dem Antrag der beiden Forscher auch stattgegeben. Nachdem er in Frankfurt einen viermonatigen Deutschkurs absolviert hat, kam der weitgereiste Forscher mitsamt Familie nach Hof.
Mit den neuen Alexander von Humboldt-Stipendiaten hat er bereits eine Studienreise durch Deutschland unternommen. Dabei besuchte die Gruppe verschiedene Städte und Landschaften, historische Sehenswürdigkeiten, Museen, Industrieunternehmen und Forschungsinstitute und nahm an Kulturprogrammen teil. Dazu gehörten die Zentrale der Alexander-von-Humboldt-Stiftung und das Haus der Geschichte in Bonn, das Museum für deutsch-deutsche Geschichte in Mödlareuth sowie viele touristische Highlights: “Die Tour hat mir geholfen, Deutschland in all seinen Facetten kennenzulernen und ich verstehe jetzt viel besser, wie die Deutschen ticken”, sagt Molla. Die Rundfahrt durch Deutschland habe ihn mit der deutschen Kultur vertrauter gemacht, so dass ihm das Ankommen in Hof jetzt leichter falle.
Wasserverbrauch senken
Seine Doktorarbeit hat Molla in Schweden an der Borås Universität geschrieben. Wasser ist zunehmend ein knappes Gut und insbesondere die Färbe- und Veredelungsprozesse in der Textilbranche benötigen sehr viel Wasser:
Mein Ziel ist es, den Wasserverbrauch beim Färben und Veredeln von Textilien deutlich zu reduzieren und wenn möglich, andere Verfahren zu testen, die ganz ohne Wasser auskommen.“
Dr. Molla Tadasse Abate
Neue Färbe- und Veredelungsverfahren
Schon seine Doktorarbeit, die er während seines Erasmus-Mundus-Gemeinschaftsdoktorats schrieb, war auf dieses Ziel ausgerichtet: Das Schlüsselwort ist hier die Verwendung der so genannten überkritischen CO2-Technologie. Das Verfahren selbst ist nicht neu, die Färbung von Polyesterfasern hat eine lange Tradition. Neu ist, dass es nun auch für die Färbung und Veredelung anderer nachhaltiger Kunstfasern wie biologisch abbaubare Polyester, Polyamide und PLA (d.h. Polymilchsäure) in Betracht gezogen wird und somit mit einem nachhaltigen Ausgangsmaterial arbeiten soll. In Zukunft will er diese Technologie für andere Textilfasern und Verfahren weiterentwickeln und anpassen.
Molla sieht die Anwendung vor allem im Bereich der funktionellen Sportbekleidung, wobei er auch auf die antimikrobielle Funktion setzt. “Wenn es funktioniert, bräuchten wir für solche Prozesse kein Süßwasser mehr, kein Abwasseranfall und damit auch keine Abwasseraufbereitung”, sagt der Forscher. Dies würde die Kosten für die Nutzung von Süßwasser und die Abwasseraufbereitung erheblich senken. Die Vorteile einer solchen Technologie seien also sowohl ökologisch als auch ökonomisch.
Drei Jahre in Oberfranken
Molla wird die nächsten drei Jahre in Hof und Münchberg forschen. Dazwischen wird er immer wieder kurze Forschungsreisen nach Schweden unternehmen, um dort ganz spezielle Geräte für seine Forschung einzusetzen. Wird er sich eines Tages irgendwo niederlassen? „Ich werde dort arbeiten, wo ich gute Arbeitsbedingungen und Möglichkeiten für mein Forschungsprojekt finde,“ sagt er und schränkt aber doch ein bisschen ein: „Es sollte aber nicht zu kalt sein.“
Wir haben eine enge Kooperation mit der Universität in Bahir Dar in Äthiopien. Dr. Molla Tadesse Abate ist der dritte Wissenschaftler, der hier bei uns arbeitet. Ich selbst habe auch schon an einer Tagungen in Bahir Dar teilgenommen und Kontakte geknüpft. Die Textilausrichtung dort passt wirklich gut zu uns. Übrigens hat die Kooperation ursprünglich mit Prof. Reinhart Möckel begonnen, ich führe sie jetzt weiter.“
Prof. Dr. Michael Rauch
Über das Stipendium
Mit den Georg Forster-Forschungspreisen zeichnet die Alexander von Humboldt-Stiftung Forschende aus Schwellen- und Entwicklungsländern aus. Der Preis würdigt jedes Jahr international anerkannte Forscher:innen, die an entwicklungsrelevanten Themen arbeiten. Die Preisträger werden von Fachkollegen aus Deutschland nominiert und eingeladen, Kooperationen mit ihnen zu etablieren oder auszubauen. Der mit je 60.000 Euro dotierte Forschungspreis wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert. In weltweit über 140 Ländern pflegt die Stiftung ein fächerübergreifendes Netzwerk von mehr als 30.000 Humboldtianer:innen – unter ihnen 59 mit Nobelpreis. Der Forschungspreis ist nach dem Naturforscher, Reiseschriftsteller und Journalisten Georg Forster (1754–1794) benannt, einem Freund Alexander von Humboldts.