Das Klimaschutzgesetz hat für Deutschland Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Bereits bis 2030 sollen die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken. Vor allem für die Industrie besteht hier großer Handlungsbedarf. Allerdings gibt es in vielen Unternehmen nur wenig Wissen darüber, welche Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere außerhalb des eigenen Unternehmens, entstehen.
Auch die ESG-Vorgaben (Environmental, Social, Governance) der EU erfordern künftig Transparenz der Datennutzung und der Ressourcenverwendung.
Im durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekt „CLiCE-DiPP“ (Climate-neutral circular economy enabled by Digital Product Carbon Pass) sollen nun unter der Beteiligung der Hochschule Hof Lösungen entwickelt werden, die ein Potenzial zur Reduktion von Treibhausgasemissionen von 40 Prozent versprechen. Das Projekt zielt darauf ab, einen digitalen CO2-Produktpass zu entwickeln, der unternehmensübergreifend, am Beispiel der Metallindustrie, alle relevanten Nachhaltigkeits- und Energiedaten enthält.
Der digitale Produktpass soll dabei nicht nur Aufschluss über den jeweiligen produktspezifischen CO2-Fußabdruck geben, sondern darüber hinaus auch ermöglichen, den Produktionsprozess aus Energie- und Ressourcenverbrauch zu optimieren – und das über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg.
Produktionsanlagen mit Sensorik ausgestattet
Dafür ist ein umfangreiches Monitoring der entsprechenden Produktionsanlagen erforderlich, weshalb diese mit entsprechender Sensorik ausgestattet werden. Falls das nicht möglich ist, werden notwendige Daten aus dem Manufacturing Execution oder Enterprise-Resource-Planning-Systemen (ERP), bezogen, um so eine verursacherzentrische Ermittlung des PCF zu ermöglichen.
Im Projekt CliCE-DiPP entstehen digitale Assistenzsysteme für die Kreislaufwirtschaft, um eine energieeffiziente Gesamtanlageneffektivität zu erreichen. Zudem werden Assistenztools zur Sensibilisierung der Mitarbeitenden für das Thema Nachhaltigkeit und für das energie- und ressourceneffiziente Shop Floor Management entwickelt. Mithilfe von Demonstratoren wird nachgewiesen, dass der tatsächliche CO2-Fußabdruck aus Maschinendaten ermittelt werden kann. Dabei soll sichergestellt werden, dass es sämtlichen an der Wertschöpfung beteiligten Unternehmen ermöglicht wird, die für die Ermittlung des PCF notwendigen Informationen in der Verwaltungsschale (engl.: Asset Administration Shell) hinterlegen zu können.
Theoretische Erkenntnisse für reale Anwendung
Die Assistenzsysteme und Demonstratoren werden in den Lernfabriken der wissenschaftlichen Institute zunächst pilotiert und validiert und anschließend bei den Anwendungsunternehmen in reale Anwendungsszenarien überführt. Durch die branchenübergreifende Auswahl von Anwendungspartnern im Konsortium, die entlang der Lieferkette verschiedene Rollen einnehmen, wird die Übertragbarkeit der Lösung auf weitere Industriezweige und Branchen sichergestellt.
„Eine Verknüpfung zwischen Digitalem Produktpass, CO2-Bilanzierung und der Steuerung sowie Planung der Kreislaufwirtschaft wurde so bislang nicht untersucht,“ hebt Andreas Görmer, Director Research vom Projektkoordinator Software AG, das Alleinstellungsmerkmal von CLiCE-DiPP hervor. Und weiter:
“Der CO2-Produktpass schafft Transparenz und macht die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit mit digitalen Technologien messbar.“
Andreas Görmer, Director Research Software AG
Die Software AG erfüllt in CliCE-DiPP neben ihrer Rolle als Konsortialführer zwei zentrale Aufgaben: Zum einen wird sie u.a. auf Basis ihrer Cumulocity IoT-Plattform die Datenquellen an den digitalen CO2-Produktpass anbinden. Zum anderen wird sie auf Basis von „ARIS Process Mining“ Möglichkeiten zur Einsparung von CO2 im Wertschöpfungsfluss identifizieren. Darüber hinaus wird sich die Software AG in die Entwicklung des Datenmodells des digitalen CO2-Produktpasses einbringen.
Hochschule Hof sichert Transparenz
Die Forschungsgruppe „Recht in Nachhaltigkeit, Compliance und IT“ der Hochschule Hof wird im Teilvorhaben „Data Governance“ die rechtskonforme Nutzung der Datenbestände für den digitalen CO2-Produktpass sichern. Hierbei werden die rechtlichen Anforderungen an Nachhaltigkeit der Produkte und Prozesse, an Transparenz und an die Information der Akteure im sich entwickelnden Rechtsrahmen erfasst, auf Kohärenz und Widersprüche geprüft und in das Data Governance Modell für den digitalen CO2-Produktpass überführt.
Auf dieser Basis werden die in CLiCE-DiPP entwickelte Geschäftsmodellarchitekturen für die Nutzung von Nachhaltigkeitsdaten und der CE rechtlich evaluiert und zur Umsetzung empfohlen bzw. adaptiert.”
Prof. Dr. Beatrix Weber, Forschungsgruppenleiterin Hochschule Hof
Förderung und Laufzeit
CLiCE-DiPP hat eine Laufzeit von drei Jahren. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des „GreenTech Innovationswettbewerbs“ gefördert.
Forschungspartner sind:
- BRUNATA-METRONA GmbH & Co. KG
- Festo SE & Co. KG
- KIT – wbk Institut für Produktionstechnik, Technologie und Werkzeugmaschinen
- Lorenz GmbH & Co.KG
- Protektorwerk Florenz Maisch GmbH & Co. KG
- Software AG und
- Technische Universität Darmstadt, Institut für Produktionsmanagement, Technologie
und Werkzeugmaschinen (PTW).