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Virtuelle Aus- und Weiterbildung: Wenn VR-Brillen helfen, Elektrogeräte zu reparieren…

Mit „VR2epair“ feierte unlängst ein neues und spannendes Projekt am Institut für Informationssysteme (iisys) seinen Kick-Off. Dabei steht die durch virtuelle Realität gestützte Weiterbildung im Fokus, genauer: die Reparatur von haushaltsüblichen Elektrogeräten. Projektleiter Prof. Dr. René Peinl erklärt im Interview mit „campuls-digital“ was genau es damit auf sich hat.

Kaputte Elektrogeräte reparieren statt sie sofort ersetzen – dazu will das neue Projekt der Hochschule Hof einen Beitrag leisten; Quelle: adobeStock_329321873;

 Herr Prof. Peinl, Sie möchten die Reparatur kaputter Geräte durch VR-Technik erleichtern. Wie kann das funktionieren?

„Wir wollen die Reparatur von Elektrogeräten für die Berufsaus- und Weiterbildung besser trainierbar machen. Dazu simulieren wir eine Reihe haushaltsüblicher Geräte – z.B. hochwertige Akkuschrauber, Mikrowelle oder Stereoanlage – in einer VR-Erfahrung. Dort werden dann auch mögliche Defekte nachgestellt. Die Fehlersuche wie auch die Reparatur selbst finden dann in einer interaktiven und immersiven Umgebung statt – man spricht deshalb auch vom immersiven Erfahrungslernen. Unser Ziel ist es, dass dieses Programm später auf allen gängigen VR Headsets lauffähig sein werden und damit flächendeckend verwendet werden kann. Virtual Reality-Technologien werden heute ja schon in diversen Berufsfeldern erfolgreich für das Lernen praxisrelevanter Inhalte in diversen Anwendungsgebieten eingesetzt, z.B. in der Medizin oder der Wartung von Zügen. Durch den zunehmend günstigen Zugang zu qualitativ hochwertigen VR Headsets, gewinnen diese Lern-Optionen an zusätzlicher Attraktivität.“

Weiterbildung für die Elektrotechnik – demnächst auch im Bereich der Virtuellen Realität;
Bild: Hochschule Hof;

An wen richtet sich das Angebot bzw. wer soll es später nutzen können?

„Die Zielgruppe besteht aus Elektrotechnikerinnen und Elektrotechnikern in Aus- und Weiterbildung – gerade im Hinblick auf das neue Recht auf Reparatur …“

Was ist darunter zu verstehen?

Das EU-Parlament hat 2022 den Vorschlag der EU-Kommission zum Recht auf Reparatur angenommen, um die Reparierbarkeit von Produkten zu fördern, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern und so eine Umkehr von der Wegwerfgesellschaft einzuleiten. Das bedeutet, dass künftig immer mehr Produkte repariert werden sollen, statt sie durch Neuprodukte zu ersetzen.“

Und dabei gibt es praktische Umsetzungsschwierigkeiten und einen Schulungsbedarf?

„Ja! Sowohl bei den Auszubildenden als auch bei schon fertigen Fachkräften im Bereich der Erwachsenenbildung ist nicht zu erwarten, dass sie ausreichende Kompetenzen zur Umsetzung dieses Rechts auf Reparatur haben. Daher könnte die Gesetzesinitiative schon daran scheitern, dass nicht genügend ausgebildete Fachkräfte für die Umsetzung zur Verfügung stehen.“

Die Reparaturen lohnen sich ja oft auch gar nicht…

„Richtig. In der Vergangenheit waren viele Produkte schlecht reparierbar und es gab ein krasses Missverhältnis zwischen dem vergleichsweise niedrigen Preis eines – oft mit wenig Handarbeit in einem Niedriglohnland hergestellten – neuen Elektrogeräts und dem vergleichsweise hohen Preis einer manuellen Reparatur im Hochlohnland. So wurde auch die Ausbildung von Handwerksberufen zur Reparatur vernachlässigt. Oft wurde den Kundinnen und Kunden auch die Anschaffung eines Neugeräts mit Hinblick auf verbesserte Funktionalität, niedrigere laufende Energiekosten und die für die Handwerkerinnen und Handwerker höhere Marge empfohlen – statt das Risiko in Kauf zu nehmen viel Zeit in einen Reparaturversuch zu investieren, der natürlich auch scheitern kann.” Und weiter:

Künftig sollen die Geräte eine bessere Reparaturfähigkeit aufweisen und das bedeutet, dass auch die Weiterbildung in der Elektrotechnik diesen Schwerpunkt setzen muss, wenn die Abwägung der Kundschaft nicht weiterhin zugunsten einer Neuanschaffung ausfallen soll.“

Prof. Dr. René Peinl

Und hier kommt die Hochschule Hof und der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit ins Spiel?

“Ja, wir möchten dazu beitragen, die bestehenden Qualifikationsdefizite in diesem Bereich zu beheben und die Ausbildung an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes anzupassen. Aber natürlich spielen hier auch ökologische Ziele im Hinblick auf den Klimawandel eine wichtige Rolle.“

Kommen wir zurück zum konkreten Projekt: Wie praxisnah kann virtuelles Lernen überhaupt sein?

„In unserer Simulation sollen die Geräte detailliert genug sein, damit die gemachten Erfahrungen direkt auf die Realität übertragen werden können. Trotzdem müssen alle Zwischenschritte, wie etwa das Lösen von Schrauben, hinreichend abstrahiert werden, um den Fokus auf die eigentlichen Lerninhalte bzw. relevanten Arbeitsschritte und Abläufe nicht zu behindern. Wir planen insgesamt einen hohen Grad an Interaktivität, da dies nicht nur den Lernerfolg positiv beeinflusst, sondern auch die Lernmotivation steigert.“

Warum das?

„Gerade für die Weiterbildung ist der Eigenantrieb entscheidend, da nach einem langen Arbeitstag häufig keine Motivation mehr vorhanden ist.” Und weiter:

Mit VR-basierten Lernszenarien hat die Weiterbildung dagegen spielerischen Charakter, so dass sie hochgradig motivierend wirkt – insbesondere jetzt, da Virtual Reality noch nicht Alltag geworden, sondern für viele noch sehr spannend ist.“

Prof. Dr. René Peinl
Prof. Dr. René Peinl, Leiter des Instituts für Informationssysteme
der Hochschule Hof (iisys) und Leiter des Projektes „VR2epair“;
Bild: Hochschule Hof;

Wie stellen Sie sicher, dass diese Art des Lernens auch funktioniert?

„Im Rahmen des Projekts sollen die Lernerfahrung konzipiert und implementiert, sowie die Ergebnisse evaluiert werden. Dazu werden neben dem unmittelbaren Feedback nach Abschluss des Trainings auch zwei Wochen später Lernerfolgskontrollen durchgeführt, um zu überprüfen, ob das Wissen dauerhaft verankert wurde.“

Vielen Dank für das Gespräch!

Hintergrund:
Das Projekt „VR2epair“ wird im Rahmen des Erasmus-Programms mit 60.000 EUR unterstützt. In ihm kooperiert die Hochschule Hof mit den Projektpartnern Mindconsole aus Graz und der Wirtschaftskammer Steiermark (WKStmk). Es soll bis zum 30.11.2024 abgeschlossen sein.


Erasmus – Förderhinweis und Haftungsausschluss (Disclaimer)

Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben.

Rainer Krauß

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