An der Hochschule Hof macht eine Unternehmensgründung auf sich aufmerksam, die wichtige Lösungen für die anstehende Mobilitätswende liefern könnte: Die BtX energy Gmbh bietet unterschiedliche Verfahren, um aus Biomasse hochwertigen Wasserstoff herzustellen. Neben dem Vertrieb schlüsselfertiger Anlagen zur Dampfreformierung von Biogas möchte die junge Firma zunächst für die Region Hof ein Gesamtkonzept zur regionalen Erzeugung und Nutzung von grünem Wasserstoff erstellen – ein wegweisendes Unterfangen.
Andy Gradel ist gelernter Maschinenbauer und Leitender Ingenieur am Institut für Wasser- und Energiemanagement der Hochschule Hof (iwe). Der 30Jährige, der vor kurzem seine Doktorarbeit fertigstellte, beschäftigt sich in seiner Forschung seit 2016 mit der Frage, wie aus Biomasse saubere Energie und Wärme gewonnen. In Zusammenarbeit mit seinem Industriepartner, der WS – Wärmeprozesstechnik GmbH aus dem schwäbischen Renningen gelang Gradel im Rahmen einer Promotion im Kontext der Technologieallianz Oberfranken (TAO) nun über viele Versuche die Entwicklung eines neuartigen Holzvergasers.
Auszeichnung für Forschung
Unser Vergaser basiert auf der Nutzung der prozesseigenen Holzkohle als Teerfilter. Dadurch erreichen wir einen deutlich wartungsärmeren und gleichzeitig flexibleren Betrieb der Anlage – gemessen am derzeitigen Stand der Technik. Das macht unseren Holzvergaser finanziell attraktiv“
Andy Gradel,
Leitender Ingenieur am Institut für Wasser- und Energiemanagement der Hochschule Hof (iwe)
Für seine Forschung am Verfahren wurde der gebürtige Bayreuther unlängst bei einer Fachkonferenz in Zittau mit dem „Young Academics Award for Bioenergy 2020“ als bester Nachwuchsforscher des Bereichs ausgezeichnet.
Marktgang mit Profis
Die erfolgreiche Technik möchte Andy Gradel nun auf den Markt bringen. Anders als anzunehmen ist die deshalb neu gegründete BtX energy GmbH kein Niemand in der Branche: Mitgesellschafter sind die renommierten Unternehmer Joachim Wünning und Martin Schönfelder, Geschäftsführer der WS Wärmeprozesstechnik GmbH, die 2011 den deutschen Umweltpreis für die FLOX® Technologie (flammenlose Verbrennung) erhielt. Darüber hinaus beteiligt sind sowie Prof. Tobias Plessing von der Hochschule Hof. Gemeinsam möchte man einen Beitrag für die Energiewende leisten.
Hoffnung für Biogasbranche
Neben der Weiterentwicklung des Holzvergasers bis zur Marktreife wird das junge Unternehmen von allem Wasserstoffproduktionsstätten für Biogasanlagen auf den Markt bringen. Wie wichtig derartige Erfindungen für die Biogasbranche sind, zeigt ein Blick auf deren aktuelle Herausforderungen: In den kommenden Jahrzehnten steht die Biogas-Industrie nach Experteneinschätzungen vor nichts weniger als dem kompletten Aussterben. Grund dafür ist die auf 20 Jahre befristete Einspeisevergütung für grünen Strom aus diesen Anlagen. Anschlussverträge ermöglichen derzeit oft keinen wirtschaftlichen Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen. Die Lösung für das Problem wollen nun die Akteure der BtX energy GmbH bieten.
Wasserstoff in hoher Menge möglich
Während sich die meisten Akteure im Energiemarkt auf die Elektrolyse aus dem regenerativem Überschussstrom konzentrieren, werden durch die neue Technik schlüsselfertige Anlagen zur Dampfreformierung von Biogas möglich. Die kann für die kriselnde Biogasbranche von enormem Nutzen sein.
Prof. Dr. – Ing. Tobias Plessing
Die schlüsselfertige Komplettlösung für die Biogasreformierung soll nun den Markt revolutionieren – in Form einer unauffälligen und platzsparenden Containerlösung.
„Die Produktionskosten je Kilogramm Wasserstoff können dabei sogar niedriger ausfallen als bei der Elektrolyse“, so die Hoffnung des Jungunternehmers. Durch die dezentrale Erzeugung würde zudem der aufwändige und energieintensive Straßentransport des Wasserstoffs minimiert oder bestenfalls ganz vermieden, was sich ebenfalls positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage auswirkt.
Unterstützung für Betreiber
Neben Produktion und Vertrieb der Anlagen möchte die neugegründete Firma auch die zukünftigen Betreiber dazu befähigen, den Wasserstoff auf den Märkten abzusetzen. Betreiber von Biogasanlagen seien schließlich meist in der Landwirtschaft verankert und daher keine klassischen Energiehändler. „Sicherzustellen, dass die Anlage genug Gewinn abwirft, ist unbedingt notwendig. Dieser Herausforderung stellt sich die BtX energy GmbH als Anbieter von Komplettlösungen“, so Geschäftsführer Andy Gradel.
Von der Produktion bis zum Verkauf an der Zapfsäule, der Nutzung für Müllfahrzeuge oder im ÖPNV: „Überall, wo Wasserstoff die Energiewende vorantreiben kann, können die Landwirtschaft, die Bioabfallverwertungsbranche sowie viele weitere Akteure ihren Beitrag leisten: dezentral, sofort umsetzbar, rund um die Uhr auf Volllast und aufgrund der direkten stofflichen Umwandlung mit bestechend hohem Wirkungsgrad. Wir wollen dabei unterstützen.“
Konzept für die Region
Ziel der Forscher und Unternehmer ist darüber hinaus, anhand der Region Hof ein Beispielkonzept für die Erzeugung und die Nutzung grünen Wasserstoffs aufzulegen, das anschließend national oder gar international adaptiert werden kann. „Die Region ist wie die meisten bayerischen Regionen in Summe ländlich und landwirtschaftlich geprägt. Dies ist eine ideale Voraussetzung, um beispielhaft die Produktions- und Verwertungskette von Wasserstoff aus Biomasse zu skizzieren und voranzutreiben. Wir sind dazu aktuell auf der Suche nach Partnern aus Politik und von kommunaler Seite. Unser klares Ziel ist es, dies vor Ort umzusetzen und so auch die Mobilitätswende in der Region Hof voranzubringen“, so Erfinder Andy Gradel.