Im November 2023 berichtete “Campuls-digital” von einem Delegationsbesuch an der Universität Sao Paulo (USP) in Brasilien. Damals wie heute liegt das Ziel auf der Hand: Mittel- und langfristig soll ein Double-Degree-Abkommen für den ingenieurwissenschaftlichen Bereich ins Leben gerufen werden. Ein Austauschprogramm allerdings, ist mittlerweile bereits mit Leben gefüllt: Fünf brasilianische Studierende verbringen aktuell ihr Auslandssemester an der Hochschule Hof, während Christian Hain, Student der Ingenieurwissenschaften, an der USP in Brasilien studiert.

Koordiniert wird das Programm an der Hochschule Hof von Prof. Dr.-Ing. Christoph Koch, der selbst vor 17 Jahren als Austauschstudent an der USP war und die Kooperation zwischen Brasilien und Oberfranken damals in die Wege geleitet hat. Er erklärt nicht ganz ohne Stolz:
Das Programm bietet unseren Studierenden die großartige Möglichkeit, an einer der besten Universitäten Brasiliens zu studieren. Wir sind für die durchgehend tolle Zusammenarbeit mit den brasilianischen Verantwortlichen sehr dankbar.”
Prof. Dr.-Ing. Christoph Koch
Vielfältige Studienmöglichkeiten in Brasilien
Das Austauschprogramm umfasst verschiedene ingenieurwissenschaftliche Disziplinen wie Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen, Umwelttechnik, Werkstofftechnik und Elektrotechnik. Darüber hinaus haben deutsche Studierende auch die Möglichkeit, in São Paulo Computer Science zu studieren.
Bisher haben bereits sieben Studierende der USP das Angebot genutzt, darunter zwei im Wintersemester 2024/25 und fünf im aktuellen Sommersemester. Sie stammen aus den Bereichen Computer Engineering, Electrical Engineering und Mechanical Engineering (Bachelor). Prof. Koch betont: “Das Programm wird immer stärker mit Leben gefüllt, bietet aber gerade für deutsche Studierende noch jede Menge Plätze.”

Warum ein Auslandssemester in São Paulo?
Ein Auslandsaufenthalt an der USP bietet zahlreiche Vorteile. Der Ingenieurcampus der USP liegt nicht direkt in der Millionenmetropole São Paulo, sondern in der ruhigen und sicheren Studentenstadt São Carlos. Diese Stadt befindet sich etwa 230 Kilometer nordwestlich von São Paulo City und bietet eine angenehme Umgebung zum Studieren. Mit rund 15.000 Studierenden an verschiedenen Universitäten ist São Carlos ein lebendiges Zentrum des akademischen Austauschs und ermöglicht es, ein neues Studentenleben kennenzulernen.

Darüber hinaus profitieren Studierende von einem direkten Zugang zu den vielfältigen Forschungsinstituten der USP. Diese Einrichtungen bieten hervorragende Möglichkeiten für studentische Projekte, Abschlussarbeiten und den Austausch mit internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Zudem bestehen in São Paulo und São Carlos vielfältige Kontakte zu international agierenden Unternehmen, darunter auch große deutsche Konzerne. So hat beispielsweise Volkswagen ein Werk in São Carlos, was spannende Perspektiven für Praktika oder Netzwerkmöglichkeiten bietet.
Persönliche Betreuung vor Ort
Ein weiterer großer Vorteil, so Prof. Koch, ist die exzellente Betreuung durch den Koordinator Prof. Almada an der USP. Er unterstützt die Studierenden vor Ort und erleichtert ihnen den Einstieg in das akademische, aber auch in das kulturelle Leben in Brasilien.
Neben den akademischen und beruflichen Vorteilen bietet das Austauschprogramm die einmalige Gelegenheit, in eine neue Kultur einzutauchen und eine neue Sprache zu lernen. Viele Studierende berichten, dass brasilianisches Portugiesisch schneller zu erlernen ist als zunächst gedacht, insbesondere durch den intensiven Austausch mit Einheimischen und den Alltag in Brasilien.
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“Für Bachelor-Studierende der Fakultät Ingenieurwissenschaften eignet sich besonders das 5. und 6. Fachsemester als Auslandssemester”, sagt Prof. Dr.-Ing. Anke Müller, Dekanin der Fakultät Ingenieurwissenschaften an der Hochschule Hof.
Wer Interesse an diesem einzigartigen Austausch hat, sollte sich jetzt schon für das Sommersemester 2026 informieren!”
Prof. Dr.-Ing. Anke Müller
Wichtig dabei zu wissen ist allerdings: Der akademische Kalender in Brasilien unterscheidet sich vom bayerischen. Das erste Semester läuft von Februar bis Juni, das zweite von August bis Dezember.
Besonders wünschenswert ist es, dass die deutschen Studierenden die brasilianischen Austauschstudierenden aktiv ansprechen: “Sie freuen sich auf den Kontakt und beantworten gerne alle Fragen zu ihrem Heimatland. So kann man jetzt schon Kontakte knüpfen, die bei einem Aufenthalt in Brasilien auch sehr nützlich sein können!“, so Prof. Koch abschließend.
Und DAS sagen die brasilianischen Austausch-Studierenden…
1. Was hat Sie ursprünglich dazu bewogen, im Ausland zu studieren?
João Vitor:
„Mich hat vor allem die Möglichkeit gereizt, eine andere akademische Kultur kennenzulernen, internationale Kontakte zu knüpfen und mich selbst herauszufordern, indem ich in einer fremden Sprache lebe – außerhalb der Komfortzone meiner Muttersprache. Seit meiner Ankunft in Hof wurden meine Erwartungen immer wieder übertroffen. Ich habe intensiven Austausch mit deutschen und internationalen Studierenden, baue enge Verbindungen zu Professoren auf und stelle mich den täglichen Herausforderungen des Lebens im Ausland. Besonders beeindruckt bin ich von der Infrastruktur der Hochschule und den vielfältigen Möglichkeiten, die sie bietet. Auch die Stadt Hof hat mich positiv überrascht – mit ihrer gastfreundlichen Atmosphäre und hohen Lebensqualität. All diese Erfahrungen bereichern sowohl meinen akademischen Werdegang als auch meine persönliche Entwicklung enorm.“

2. Können Sie uns etwas über Ihren akademischen Hintergrund erzählen?
Lucas:
„Meine berufliche Laufbahn begann als Flugzeugwartungstechniker mit Spezialisierung auf Avionik während meiner Schulzeit. 2022 begann ich dann mein Bachelorstudium in Computer Engineering an der Universität São Paulo (USP). Während meines Studiums nahm an zwei Forschungsprojekten teil: Das erste befasste sich mit der „Untersuchung und Implementierung eines MLP-Neuronalen Netzes zur Umwandlung von Daten eines Hitzdraht-Anemometersensors“ und wurde auf einem brasilianischen Kongress vorgestellt – eine großartige Gelegenheit, meine Arbeit zu präsentieren und mit anderen Forschern in meinem Fachgebiet in Kontakt zu treten. 2024 begann ich ein weiteres Forschungsprojekt im Rahmen des AVADiP-Projekts, das sich mit der Entwicklung von datenschutzfreundlichen Lösungen zur Erkennung gefährdeter Verkehrsteilnehmer mittels föderiertem maschinellem Lernen befasst. Dieses Projekt ist eine Kooperation zwischen der UFRJ und der USP – zwei führenden Universitäten, die Brasilien im Bereich KI und autonomer Technologien voranbringen.
Zudem hatte ich die Gelegenheit, vor meinem Austausch nach Deutschland ein Sommerpraktikum im Januar und Februar 2025 zu absolvieren. Dort entwickelte ich die Hochleistungsssoftware ‚Ma’at‘ in C++ für ein Unternehmen. Diese Erfahrung brachte mich früh in Kontakt mit realen Entwicklungsprozessen in der Ingenieurspraxis.“

3. Welche kulturellen oder akademischen Unterschiede sind Ihnen in den ersten Wochen besonders aufgefallen?
Daniel:
„Was mir akademisch besonders auffällt, ist der praxisorientierte Lehransatz der Hochschule Hof, der auf dem Prinzip ‚Learning by Doing‘ basiert. Dies steht im Kontrast zur stärker theoretischen Herangehensweise der Universität São Paulo. Es eröffnet mir eine völlig neue Perspektive darauf, wie man ein Fachgebiet erlernen kann.
Kulturell gesehen fühlt sich selbst der Alltag wie eine neue Erfahrung an – sei es der Einkauf im Supermarkt, das Bestellen im Restaurant, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder der Besuch von Vorlesungen. All diese Aktivitäten unterscheiden sich in kleinen, aber feinen Details von meinem Heimatland, und genau diese Unterschiede machen den Austausch so bereichernd.“
4. Können Sie ein Erlebnis schildern, das Ihr Verständnis für die fränkische, bayerische oder deutsche Kultur vertieft hat?
Daniel:
„Ein wiederkehrendes Erlebnis, das ich besonders interessant finde, ist der fränkische Dialekt – insbesondere die Art, wie das ‚R‘ ausgesprochen wird. Ich habe hier in Hof mit vielen Deutschen gesprochen und bemerkt, wie sich dieser Dialekt vom restlichen Bayern und Deutschland unterscheidet. Wann immer sich die Gelegenheit bietet, suche ich das Gespräch mit Einheimischen, um mehr über sie und ihre Kultur zu erfahren. Es fasziniert mich, wie schon kleinste Unterschiede in der Sprache viel über die Herkunft und Geschichte einer Person verraten können.“

5. Worauf freuen Sie sich am meisten, während Ihres Austauschprogramms?
Pedro:
„Mein größtes Interesse liegt darin, die deutsche Kultur so umfassend wie möglich zu entdecken. Dazu gehören das Erlernen der Sprache und bayerischer Redewendungen, der Besuch der wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungen der Region sowie das Probieren traditioneller Speisen – einschließlich der berühmten Biere. Als leidenschaftlicher Fußballfan möchte ich zudem Spiele besuchen und Stadien besichtigen.
Darüber hinaus freue ich mich darauf, mein Wissen in den Bereichen Ingenieurwissenschaften, Informatik und Wirtschaft weiter auszubauen, da das Lehrkonzept der Hochschule Hof stark auf die praktische Anwendung von Wissen ausgerichtet ist. Nicht zuletzt ist es mein Ziel, gute Ergebnisse in meinen Prüfungen zu erzielen und wertvolle Erfahrungen in meinem studentischen Nebenjob zu sammeln.“

6. Welchen Rat würden Sie Studierenden der Ingenieurwissenschaften, Informatik oder IT an der Hochschule Hof geben, die über ein Auslandssemester an der Universität São Paulo in Brasilien nachdenken?
João Marcelo (fehlte bei Fototermin):
„Der beste Rat, den ich geben kann, ist, sich offen und vorurteilsfrei auf eine völlig neue Kultur einzulassen. Gerade in Brasilien ist es hilfreich, zumindest grundlegende Portugiesisch-Kenntnisse zu haben, aber keine Sorge: Die Menschen sind sehr gastfreundlich. Auch wenn man nicht fließend spricht, kommen viele Studierende mit Englisch gut zurecht und werden einen sicher herzlich aufnehmen.
Die Universität São Paulo ist die führende Hochschule Lateinamerikas. Unsere Universität empfängt viele internationale Studierende, vor allem aus Spanien, aber auch aus Frankreich, Italien und mehreren lateinamerikanischen Ländern. Besonders am Campus São Carlos, von dem ich komme, ist die Informatik ein herausragendes Fachgebiet. Hier gibt es ein global anerkanntes Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, Data Science und verwandte Themen. Auch die Ingenieurprogramme sind erstklassig.
Neben dem akademischen Angebot gibt es zahlreiche praxisorientierte Arbeitsgruppen und Forschungsprojekte. Wer sich auf den Austausch einlässt, kann nicht nur viel lernen, sondern auch großartige Beziehungen aufbauen und eine neue Art des Lernens erleben.“