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Ideenaustausch zwischen Oberfranken und Europa: “Digital Regions” präsentiert Ergebnisse

Seit August 2019 läuft das Interreg-Projekt Digital Regions an der Hochschule Hof. Ziel des Projektes ist eine stärkere Vernetzung von acht europäischen Regionen im Bereich von Industrie 4.0. Hierzu werden erprobte Projekte und Herangehensweisen ausgetauscht. Im Interview ist das Projektteam bestehend aus Anne-Christine Habbel, Projektleiterin und Katrin Müller, Projektmitarbeiterin.

Anne-Christine Habbel (Projektleitung, rechts) und Katrin Müller (Projektmitarbeit); Bild: Hochschule Hof;

Warum sind Sie damals mit dem iisys in das Projekt eingestiegen?

Anne-Christine Habbel (ACH): “Die Hochschule Hof hat sowohl eine regionale als auch eine internationale Ausrichtung. Die Europäische Ausrichtung gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Die Grundidee des Projekts, sich gemeinsam mit anderen europäischen Regionen gegenseitig beim Thema Digitalisierung über die Schulter zu sehen, ist eine wertvolle Gelegenheit für die Hochschule und die Region. Im Projekt Digital Regions treffen wir uns in regelmäßigen Abständen mit Partnern aus Irland, Portugal, Spanien, der Schweiz, Slowenien, Rumänien und Bulgarien an einem virtuellen Tisch und geben uns gegenseitig Ideen und Ansätze weiter. Das Projekt ist passgenau auf die Bedürfnisse der Region ausgerichtet: Viele kleine mittelständische Unternehmen und die Welt der Industrie 4.0.”

„Das EU-Projekt Digital Regions ist unser erstes Interreg-Projekt, das wir an die Hochschule Hof holen konnten. Im Projektverlauf haben wir viel über die Programme gelernt und werden hier weitere Anträge stellen.“

Anne-Christine Habbel

Wie sieht das genau aus – Was wird in Digital Regions getan?

Katrin Müller (KM): “Digital Regions ist ein INTERREG-gefördertes Projekt. Es fußt also auf der europäischen Kohäsionspolitik: Der Idee ist, dass die Regionen in Europa sehr verschieden sind, und dennoch gemeinsame Herausforderungen haben und gemeinsam Lösungen finden können. Die Förderung finanziert ein Netzwerk und somit die Zeit, die die Projektpartner benötigen, um sich gemeinsam mit anderen europäischen Regionen zusammenzusetzen und zu sammeln, was an guten Ideen im Bereich Digitalisierung da ist. Diese wiederum werden einander vorgestellt – Und jeder Partner zeigt in seiner eigenen Region, was alle anderen gut können. So können Ideen und Lösungen, die jemand anderes schon hat, weitergegeben werden. Erprobte Projekte, die sonst in der Schublade verschwinden würden, werden hier noch einmal aufgegriffen.”

Wem in Oberfranken werden diese Ideen und Lösungen gezeigt?

ACH: “Hierzu bildet jeder der Partner eine Gruppe aus regionalen Akteuren, die sogenannte Stakeholder-Gruppe. Für Oberfranken kommt das Projektteam im halbjährlichen Rhythmus mit Vertretern aus Regionalpolitik, Kammern, Wirtschaftsförderung und Unternehmerverbänden zusammen und diskutiert, was von diesen Ideen für die eigene Region sinnvoll ist. Man holt sich aber auch Rückmeldung über den Stand der Digitalisierung in der Produktion und zu den Bedürfnissen in der Region ein. Am Ende steht ein sogenannter Aktionsplan: Was von unserem Austausch bleibt als Idee oder konkretes Vorhaben in der Region? Der zweite wichtige Baustein im Projekt ist politischer Natur: Wir wollen der Politik Ratschläge geben, wie man die Förderung im Bereich Digitalisierung für Unternehmen leichter zugänglich machen kann.

Daran arbeiten wir, indem wir die Rückmeldung unserer regionalen Aktionsgruppe einholen, und unser Konsortialführer, das irische Netzwerk ERNACT, schreibt am Ende damit ein gemeinsames Strategiepapier für die Regionalpolitik.”

Das Projekt ist ein großer Erfolg und ich freue mich darüber, dass die Vision der europäischen Zusammenarbeit zu einem sehr konkreten Austausch zwischen acht ländlichen Regionen geführt hat.“

Anne-Christine Habbel

Das Projekt läuft von August 2019 bis Juli 2023. Das Projekt geht dem Ende entgegen? Wie weit seid Ihr?

KM: “Bis Mitte 2022 haben wir geklärt, was in unseren Regionen an Ideen umgesetzt wird. Danach ist die aktive Phase des Projekts beendet. Bis 2023 läuft dann die sogenannte Monitoring-Phase – wir schauen, welche von unseren Vorhaben und Ideen nachhaltig waren.”

Haben wir in Europa denn gemeinsame Herausforderungen?

ACH: “Alle Partner wollen Innovationen aus dem Bereich Industrie 4.0 effizienter an interessierte Unternehmen übertragen. Das ist nicht immer einfach. Der Technologiepark Biel in der Schweiz hat etwa, ähnlich wie wir, festgestellt, dass das Förder- und Unterstützungsangebot in der eigenen Region zwar breit aufgestellt ist, aber für Unternehmen unübersichtlich.

Auch bewährte Arten Netzwerke aufzubauen, sind interessant für uns. Unser irischer Partner, das Europäische Projekte – Netzwerk ERNACT, hat da zum Beispiel ein Netzwerk aus Technology Gateways – das sind 16 Rechercheinstitute in ganz Irland mit unterschiedlicher Expertise. Ein mittelständisches Unternehmen kann sich nun an dieses „Technologietor“-Netzwerk mit seiner speziellen Fragestellung wenden, und neue oder bessere Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und intelligentere Wege zu beschreiten. Über das Technology Gateway Network nutzen sie das Fachwissen von über 300 industrieorientierten Forschern zusammen mit der Spezialausrüstung und den Einrichtungen der 11 Technologieinstitute, um Zugang zu marktnahen Innovationen und Lösungen zu erhalten. Deren Effekt war, dass sie zur erweiterten F&E-Einrichtung von kleinen und mittelständischen Unternehmen wurden. Wir an der Hochschule Hof können dasselbe für die Region bieten, und schauen uns also an, wie die Technology Gateways arbeiten.”

Was hat der Austausch an Ideen denn an konkreten Vorhaben gebracht?

KM: “Unsere Gruppe regionaler Akteure hat die Zusammenarbeit und den Austausch von Anregungen während der Projektlaufzeit sehr geschätzt. Dem Wunsch, zusammenzubleiben, kommen wir nach, und arbeiten an einer Verstetigung in einem neuen Netzwerk.

An einer Hochschule wie der in Hof entstehen außerdem am laufenden Band neue Projekte in Kooperation mit Unternehmen und weiteren Akteuren aus der Region. Dabei sind auch Stakeholder des Projekts beteiligt. In diesen laufenden Prozess haben wir nun Ideen aus anderen Regionen gegeben, und wir sind sehr erfreut darüber, dass einige Projektideen um unsere Best Practices angereichert wurden.”

Welche Ideen sind das? Haben die anderen sieben Regionen denn Ideen, die sich auch in Oberfranken anwenden lassen?

KM: “Unser portugiesischer Partner etwa, das Innovationszentrum der Region Beira Interior, hat uns ihr IOTEC-Projekt vorgestellt: Das Projekt transferierte mit großem Erfolg innovative IoT-Technologie sowohl ins portugiesische Centro, als auch ins spanische Kastilien und León. Diese Zusammenarbeit über die portugiesisch-spanische Grenze wurde durch das Förderprogramm INTERREG VA Spanien-Portugal unterstützt. Die Region steht dabei vor ganz ähnlichen Herausforderungen wie Oberfranken: Wie bringen wir die Technologie möglichst unkompliziert an die Unternehmen in unseren Regionen?

Quelle: Hochschule Hof;

Innerhalb der Bundesrepublik Deutschland sind länderübergreifende öffentlich geförderte Rechercheaktivitäten eher selten, obwohl nur 30 km zwischen Hof und Plauen liegen. Auch EU-finanzierte Projekte wie die EFRE-Projekte WiMiT und DAMMIT konnten bisher die Landesgrenze nicht überschreiten, weil die EU-Mittel von den Landesregierungen in München und Dresden jeweils separat verwaltet werden und Transfers an Unternehmen im anderen Bundesland unerwünscht sind.

Eine erfolgreiche grenzüberschreitende, interterritoriale Ausrichtung des IOTEC-Projekts findet sich im neuen Technologietransferprojekt Moonrise an der Hochschule wieder, das über den ehemaligen Eisernen Vorhang hinweg arbeitet. Hier sind bayerische und sächsische Partner beteiligt. Möglich macht dies die Förderung REGION.innovativ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Dazu kommt, dass wir über unsere Kontakte unser derzeitiges Digital Regions-Konsortium für einen neuen Projektantrag im europäischen Bereich einreichen konnten.”

ACH: “Und am Ende hat es auch viel für die Hochschule selbst gebracht. Bislang hatten wir ausschließlich Finanzierungen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) oder aus dem Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE). Seit wir uns verstärkt die Zeit nehmen können, über Interreg- und auch Horizon-Programme zu sprechen, interessieren sich auch mehr Forscher und Forscherinnen dafür. Wir spüren da deutliche Effekte, die sich auch in den geplanten Antragstellungen für weitere Projekte zeigen. Wir sind sehr gespannt, was es demnächst an neuen Interreg- oder Horizon-Projekten bei uns gibt. Drücken Sie uns die Daumen!”

Mehr zu Digital Regions, Campuls 1/2020

Videointerview mit Katrin Müller zum Stand von Digital Regions


Anne-Christine Habbel

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