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Wenn die Familie sich uneins ist: Stadtvorlesung liefert Antworten zu medizinrechtlichen Fragen

Spannend ging es zu bei der letzten Stadtvorlesung in Selb. Dr. Markus Finn,  ehemaliger Anwalt und seit 2013 Professor für Recht im Gesundheitswesen an der Hochschule Hof, ging der Frage nach, wer entscheidet, wenn z.B. ein 15-Jähriger gegen Covid geimpft wird. Was sagt das Gesetz, wenn die Eltern unterschiedlicher Meinung zur Covid-Impfung ihres Kindes sind? Covid war hierbei nur ein Beispiel unter vielen. Der Abend mit rund zwanzig Gästen beschäftigte sich damit, inwieweit Jugendliche selbst einwilligungsfähig sind und dann eine Zustimmung der Eltern für eine Operation nicht unbedingt erforderlich ist.

Nur rund 10% der Deutschen sind privat versichert, die große Mehrheit hingegen ist bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Für medizinische Behandlungen heißt dies, dass man mit einer Krankenkassenkarte auch als Jugendlicher grundsätzlich ab dem Alter von 15 Jahren einfach zum Arzt gehen kann, denn das Gesetz sieht das ab diesem Alter vor. Bei privat versicherten Jugendlichen sieht die Sache anders aus: Hier kann ein Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient in der Regel nur mit Zustimmung der Eltern geschlossen werden.

„Das Verhältnis Arzt – Patient hat sich stark geändert“, so Finn, das frühere paternalistische Vorgehen gäbe es praktisch nicht mehr. Wenn sich eine einwilligungsfähige Minderjährige ein Verhütungsmittel („Pille“) verschreiben lassen möchte und nicht wollte, dass ihre Eltern davon wüssten, so kann sich eine gesetzlich Versicherte dies ohne Zustimmung der Eltern besorgen. Bei privat Versicherten sieht es dagegen wieder schwieriger aus, denn hier muss der Vertrag unter Mitwirkung der Eltern geschlossen werden.

„Ärztliche Heileingriffe sind Körperverletzungen im juristischen Sinne“

„Medizinstudierenden muss man bisweilen klar machen, dass ein ärztlicher Eingriff zunächst einmal eine Körperverletzung darstellt“, so Finn, aber die Rechtsprechung sähe es so, übrigens auch schon das Reichsgericht. Deswegen müsse es das Ziel eines jeden Arztes sein, dass er Patienten ordnungsgemäß aufkläre, um dann von einem informierten Patienten eine wirksame Einwilligung zu erhalten. Denn wenn ein Patient unzureichend aufgeklärt wurde, ist dessen Einwilligung unwirksam und der Arzt begeht eine rechtswidrige Körperverletzung. Damit der Patient eine Entscheidung treffen kann, spielt aber auch der Reifegrad eine besondere Rolle. Kriterien hierfür seien beispielsweise, ob der Patient dem Gespräch folgen kann, er wirklich zuhört oder den Arzt von sich aus auch auf besondere Lebensumstände hinweist. Für Minderjährige bedeutet dies, dass sie nur einwilligen können, wenn sie die Tragweite des Eingriffs erfassen können.

„Fordern Sie als Patient ein Aufklärungsgespräch ein“

Wenn die Einwilligungsfähigkeit fehlt, treten die Eltern ein, die aber auch den Willen des Kindes berücksichtigen müssen. Das seit 2013 geltende Patientenverbesserungsgesetz ist auf Selbstbestimmung bedacht. Es legt zum Beispiel auch Wert darauf, dass nicht nur die Eltern aufgeklärt werden, sondern dass ein anstehender Eingriff auch betroffenen Kindern erläutert wird. „Ärzte sollten in besonderen Fällen auf jeden Fall immer gut dokumentieren“, rät Finn, der auch in der Charité in Berlin und anderen Hochschulen regelmäßig Vorlesungen hält. Und Patienten rät er: „Es reicht nicht, nur einen Aufklärungsbogen hingehalten zu bekommen, es muss ein ärztliches Gespräch stattfinden, das sollte man einfordern.“

Das Organisationsteam Anne-Christine Habbel und Prof. Valentin Plenk, Hochschule Hof und Referent Prof. Markus Finn; Bild: Hochschule Hof

Letzte Stadtvorlesung in Selb zur Nachhaltigkeit

Im Spektrum-Kino Selb findet eine weitere Veranstaltung in der Stadtvorlesungs-Reihe statt: Am 26.11.2024 hören Sie Prof. Dr.-Ing. Michael Nase zum Thema „Nachhaltigkeit im Fokus: Produkte aus Biokunststoffen oder Recyclingkunststoffen?“ Um eine Anmeldung über Eventbrite wird gebeten.

Prof. Dr. Markus Finn
Katrin Müller
Anne-Christine Habbel

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