Eine neue Rundnadelmaschine verbessert die Eigenschaften von Faserverbund-Strukturen und macht sie für die Raumfahrt nutzbar
In kaum einem anderen Bereich werden so hohe Anforderungen an die verwendeten Materialien gestellt wie in der Luft- und Raumfahrt. Nicht nur sehr leicht müssen diese sein, sondern auch extrem fest und widerstandsfähig. Dies gilt insbesondere auch für die dort verwendeten Trägerstrukturen aus rohrförmigen Gestängen.
Keramische Verbundwerkstoffe, sog. CMCs (Ceramic Matrix Composites), werden diesen Anforderungen zwar gerecht, allerdings ist deren Verbreitung bislang durch zwei ganz maßgebliche Faktoren eingeschränkt: Einerseits durch hohe Material- und Produktionskosten und andererseits durch eine mangelhafte Verfügbarkeit dafür geeigneter textiler Vorformlinge als Grundbestandteil. Letzteres wiederum führt automatisch zu einer Beschränkung der erzielbaren Eigenschaften der Endprodukte, also der fertigen CMCs.
Rohrstrukturen für die Raumfahrt
Die Forschungsgruppe Innovative Textilien am Campus Münchberg hat darum nun das Forschungsprojekt “Rundvernadelte C/SiC Rohrstrukturen für die Raumfahrt“, kurz „RuRoRa“ gestartet. Das Ziel: Die Erforschung von hohlzylindrischen Vorformlingen aus Carbonfasern und deren Weiterverarbeitung zu carbonfaserverstärkten Siliziumkarbid (C/SiC)-Rohren, die wiederum in Form von Gestängestrukturen in der Satellitentechnik Verwendung finden können.
Am Campus Münchberg wird dafür derzeit eine neue Rundnadelmaschine angeschafft, die textile Vorformen aus Carbonfasern zu runden, endlosen Hohlzylindern verarbeiten kann.
Mit der Anlage können unterschiedliche Durchmesser und Wandstärken der zylindrischen Strukturen erzeugt werden. Bei der Rundvernadelung werden Fasern so umgelenkt, dass Festigkeiten des Produkts im Vergleich zum derzeitigen Stand der Technik erhöht werden kann.
Gewichteinsparung für höhere Effizienz
Durch die Variationsmöglichkeiten der dabei einsetzbaren textilen Vorprodukte (z.B. Gelege, Vliesstoffe, Roving, etc.) können die Eigenschaften, wie Strukturdichte und Faservorzugsrichtungen, gezielt eingestellt werden. Die bedeutet im Endergebnis Material-und Gewichtseinsparungen und damit eine erhöhte Effizienz.
Ziel der Arbeiten ist es weiterhin, einen Harz-Infiltrationsprozess zu entwickeln, der eine schadenshemmende Weiterverarbeitung bei gleichzeitiger Homogenität der Faser-Matrix-Verteilung gewährleistet.
Mit Hilfe der innovativen Strukturen aus rundvernadelten Vorformlingen und deren Weiterverarbeitung zu massiven Rohren soll bspw. die Anforderung einer geringen thermischen Ausdehnung der Spiegel- und Messtechnikhalterungen an Satelliten auf der Sonnen- und Nachtseite im Orbit erreicht werden.
Auf diese Weise kann für die Satelliten die optimale Signalweiterleitung zwischen Erde und Satelliten sichergestellt werden.
Die erfolgreiche Entwicklung eines solchen Strukturmaterials für Gestänge und Halterungen wird den Zugang zu Ausschreibungen im NewSpace-Bereich erleichtern. Da in der Zukunft in der Raumfahrt größere Stückzahlen prognostiziert werden, liefert der entwickelte Prozess einen bedeutenden Meilenstein für die wirtschaftliche Herstellung derartiger Gestänge und damit für eine Diversifikation der Einsatzfelder.
Alexandra Luft, Forschungsgruppenleiterin des Instituts für Materialwissenschaften (ifm)
Quelle: https://www.fe-lexikon.info/lexikon-l.htm
Das Projekt „RuRoRa“ wird zusammen mit der Firma ECM – Engineered Ceramic Materials GmbH, der Tenowo GmbH in Hof als assoziiertem Partner und dem Fraunhofer Anwendungszentrum Textile Faserkeramik in Münchberg umgesetzt.