Forscher des Instituts für Kreislaufwirtschaft der Bio:Polymere der Hochschule Hof (ibp) befassen sich seit 2021 damit, wie man die Lücke in der Performance zwischen Biokunststoffen und konventionellen Kunststoffen schließt. Sie verfolgen hierfür im Projekt „EISBiR“ mehrere vielversprechende Ansätze. Nun wurde das Projekt durch die Fördergeber um weitere zwei Jahre bis Ende Februar 2026 verlängert. Grund genug für „campuls-digital“ bei dem neuen Projektleiter Dr. Alexander Rudnick und den seinem Team nachzufragen.
Herr Rudnick, warum werden dem Kunststoff überhaupt Zusatzstoffe, sogenannte Additive, beigemengt?
„Additive dienen immer einem bestimmten Zweck – egal, ob sie bio- oder erdölbasiert sind. Man möchte Kunststoffe damit beispielsweise resistenter, langlebiger, fester, weicher oder ähnliches machen. Allerdings: Bisher kommen selbst bei Biopolymeren meistens dieselben konventionellen Additive wie bei erdölbasierten Kunststoffen als Stabilisatoren zum Einsatz. Diese Zusatzstoffe sind meist sehr energieintensiv in der Herstellung, basieren auf fossilen Ressourcen und stehen im Verdacht schädlich für Mensch und Umwelt zu sein.
In unserem Projekt EISBiR untersuchen wir andere Ansätze, um Biokunststoffe langlebiger und resistenter gegen Umwelteinflüsse zu machen. Beispielsweise ersetzen wir konventionelle Additive durch rein biobasierte Nebenprodukte wie Weintrester.”
Alexander Rudnick
Weiterhin untersuchen wir, inwieweit wir die Eigenschaften der Biopolymere durch gezielte Bestrahlung mit Elektronen verbessern können. Und ein dritter Ansatzpunkt befasst sich mit der sogenannten Eigenfaserverstärkung. Hierbei wird untersucht, wie sich die mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs durch Beimischen von Fasern gezielt steigern lassen.“
Was waren denn die wesentlichen Erkenntnisse der ersten Förderperiode?
„Im ersten Teil des Forschungsvorhabens konnten wir mit einer selbst entwickelten Abzugsvorrichtung Filamente herstellen, die über sehr gute mechanische Eigenschaften verfügen. Diese konnten im zweiten Schritt in die Biopolymermatrix eingearbeitet werde, um somit eigenfaserverstärkte Biokunststoffe/Produkte mit verbesserten Eigenschaften herstellen zu können.
Außerdem konnten wir eine Methode entwickeln, mit der es uns gelungen ist, reine Biokunststoffe, welche normalerweise unter Bestrahlung abbauen, zu vernetzten. Genauer gesagt, haben wir durch Bestrahlung von PHB bei erhöhten Temperaturen einen Molmassenaufbau bis hin zur Vernetzung zeigen können. Ein Molmassenaufbau für PHB unter Bestrahlung ist bislang noch niemanden ohne Additive gelungen.
Und als drittes konnten wir ein Verfahren etablieren, mit dem biogene Roh- und Reststoffe wie Schalen der Kaffeefrucht und Weintrester schonend als Additive für Biopolymere aufbereitet werden können (wir berichteten). Diese Stoffe besitzen das Potential die problematischen konventionellen Stabilisatoren abzulösen. In den durchgeführten Experimenten und Untersuchungen konnte eine Stabilisierungswirkung der biogenen Reststoffe gegen thermo-oxidative Zersetzung nachgewiesen werden, die mit der konventioneller, kommerzieller Stabilisatoren vergleichbar ist.“
Das heißt, es gibt keinen qualitativen Unterschied mehr?
„Exakt gleich auf mit den konventionellen Stabilisatoren sind wir leider noch nicht, aber tatsächlich sehr nahe dran. Alle drei Methoden liefern vielversprechende Ergebnisse und haben deutliche Vorteile gegenüber konventionellen Additiven. Beispielsweise können durch die im Projekt etablierten Methoden biogene Nebenprodukte der Weinherstellung im Sinne der Bioökonomie als nachhaltige Zusatzstoffe wieder der Wertschöpfungskette zugeführt werden und leisten so einen wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigen Kunststoffindustrie und auch zum Umweltschutz.“
Das klingt vielversprechend und ist wahrscheinlich auch der Ansatzpunkt für die Fortführung des Projektes…
„Genau. Die gefundenen Ergebnisse der ersten Forschungsphase, also der Beweis der antioxidativen Wirkung biogener Füllstoffe aus Reststoffen, die erfolgreiche Strahlenmodifikation von bestimmten Biopolymeren, sowie wichtige Schritte in Richtung Eigenfaserverstärkung sind so vielversprechend, dass sie auf jeden Fall weiterverfolgt werden sollten. “
Was planen Sie nun konkret?
„Der Fokus der zweiten Phase liegt auf der Langzeitstabilität und der Identifizierung der Abbaumechanismen unserer eigenfaserverstärkten, bestrahlten sowie bio-additivierten Polymere. Hierzu werden wir Bewitterungsversuche unter realen Bedingungen – in dem Fall dem schon legendären Hofer Wetter – bei uns an der Hochschule sowie Kompostierungsversuche bei externen Partnern durchführen. Diese Versuchsreihen in Kombination mit weiteren Exprimenten wie zum hydrolytischen Abbau werden uns helfen, die Abbaumechanismen zu Verstehen und mit denen konventionell additivierter Polymere zu vergleichen. Wir hoffen natürlich, dass unsere Biokunststoffe sich hier positiv abheben.“
Gibt es noch weitere Forschungsschwerpunkte?
„Neben Langzeitstabilität und Abbauverhalten werden wir weiter an eigenfaserverstärkten Compounds aus Biokunststoffen arbeiten. Außerdem ist es wichtig, dass es unsere Forschung langfristig auch in die Industrie schafft. Deswegen haben wir uns zum Ende der zweiten Förderphase vorgenommen, Workshops für die Industriepartner unseres Instituts und andrer Interessierte anzubieten. Das soll Aufmerksamkeit für unsere Forschung generieren, verbunden mit der Hoffnung, dass sich hieraus Folgeprojekte ergeben, bei den wir unsere Entdeckungen auf einem industriellen Maßstab umsetzten können.“
Wie sieht es mit der perspektivischen Umsetzung der Ergebnisse in EISBiR aus? Gibt es hier schon konkrete Pläne, diese z.B. für bestimmte Produkte zu verwenden?
„Unsere Arbeit im Projekt ist vor allem Grundlagenforschung. Deswegen entwickeln wir (noch) nicht konkret in die Richtung bestimmter Produkte. Die nächsten Schritte in Richtung konkreter Produkte werden im Anschluss an EISBiR durch Folgeprojekte mit Industriepartnern erfolgen, die wir für unsere Ansätze durch die schon erwähnten Workshops dazu überzeugen wollen.“