Mein Name ist Paola Acosta Carrascal und ich bin 27 Jahre alt. Ich komme – nach kolumbianischen Maßstäben – aus einer „Kleinstadt“ namens Cúcuta. Cúcuta liegt im Nordosten Kolumbiens und in direkter Grenznähe zu Venezuela. 2018 bin ich nach Deutschland gezogen, um meinen Master zu machen. Ich kam ohne jede Kenntnisse der Sprache nach Deutschland, da mein Master rein englischsprachig war. Das machte aber natürlich den Alltag viel schwieriger. Ich habe dann insgesamt 3 Jahre in Stuttgart gelebt und bin danach beruflich nach Hof gezogen, um hier an der Hochschule für angewandte Wissenschaften zu arbeiten.

Seit meiner Kindheit war es immer mein Traum zu forschen und ich fühlte, dass dies eine großartige Gelegenheit war, meine Hoffnungen und Wünsche zu verwirklichen. Als ich den Job schließlich bekam, war ich super aufgeregt.
Mitarbeit im ReWaMem-Projekt
Seit 02.11.2021 arbeite ich nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wasser- und Energiemanagement (iwe), konkret im ReWaMem-Projekt bei Prof. Dr.-Ing. Schmid. Das Projekt in Kürze: Wir bereiten Abwasser aus Wäschereien auf. Das Projekt wird zusammen mit 6 Partnern umgesetzt. Dabei wird eine Membran für die Behandlung des Abwassers entworfen, die später in Betrieb genommen werden soll. Bei der Behandlung mit Membranen entsteht neben dem aufbereiteten Wasser ein „Konzentrat“-Wasser, das sogenannte „Retentat“. Die Behandlung dieses Retentats ist das eigentliche Projektziel und meine Arbeit konzentriert sich genau darauf. Das Retentat wird mittels Kavitation, einem fortgeschrittenen Oxidationsprozess, behandelt und anschließend mit anaerober Vergärung, einem biologischen Prozess, weiterentwickelt.

Wasser als Ressource schützen
Meine stärkste Motivation an diesem Job ist vielleicht ein Klischee, aber wahr: Ich möchte das Wasser schützen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Wasser die wertvollste Ressource der Erde ist und dass auch kleine Taten große Veränderungen bewirken können. Ich habe einen 9-jährigen Neffen und ich glaube, dass es meine Pflicht ist, mein Bestes für den Schutz der natürlichen Ressourcen zu tun, um ihm eine lebenswerte Zukunft zu sichern.
Guten Eindruck hinterlassen
Viele Leute fragen mich nach meinem Eindruck von Deutschland und der Region Oberfranken. Ich muss sagen: Bisher habe ich wirklich einen sehr positiven Eindruck von der Region. Ehrlich gesagt hatte mir der Dialekt etwas Sorgen bereitet, da ich dachte, dass es die stärksten Dialekte im Süden Deutschlands gibt – aber bisher war alles gut und ich habe keine Probleme. Als ich mich im Hofer Rathaus anmeldete, geschah etwas Lustiges: Der Beamte, den ich aufsuchte, sah meinen Pass und sagte mir, es sei sein erster kolumbianischer Pass überhaupt. Ich hoffe, ich bin nicht die erste Kolumbianerin in Hof – aber ob dem nun so ist oder nicht: Ich werde mich bemühen einen guten Eindruck zu hinterlassen! Meine Kolleginnen und Kollegen waren super nett und aufgeschlossen zu mir und haben sich über mehr internationale Beteiligung am Institut gefreut.

Fan von Schnee und Eis
Es gibt natürlich viele Unterschiede zwischen Deutschland und Kolumbien, angefangen beim Wetter oder den sonntäglichen Einkaufsmöglichkeiten. Kolumbien liegt in den Tropen, wir haben also keine Jahreszeiten. Daher hängt unser Wetter fast allein von der Höhe über dem Meeresspiegel ab. Das bedeutet, dass es schon einmal 10 ° C Unterschied sein können, wenn man 30 Minuten mit dem Auto zu einem höheren oder niedrigeren Ort fährt. Aber ich LIEBE den deutschen Winter! Viele Deutsche können das nicht verstehen, aber ich würde es lieben, wenn der Winter hier noch länger dauern würde.
Spontan ist nicht gleich spontan
Auf der anderen Seite liegt der größte Mentalitätsunterschied wohl im Bereich dessen, was man „spontan sein“ nennt. In Kolumbien ist es völlig normal, sich ohne lange Ankündigung mit Freunden zu treffen oder unterwegs weitere Pläne zu schmieden.
Obwohl wir Kolumbianer durchaus Dinge planen, sind wir immer auch offen, Pläne zu ändern und einfach etwas ganz spontan und sogar ohne Vorankündigung zu tun. Es ist die „Spontanität der Situation”.
Paola Acosta Carrascal
In Deutschland kommt es jedoch genau das sehr selten vor und deshalb finde ich es auch so seltsam, dass Deutsche so gerne das Wort „spontan“ benutzen.
Die eigene Kultur zeigen
Als kulturell offener Mensch denke ich, dass wir viel von verschiedenen Menschen lernen können. Jeder Tag ist eine Lernchance und jeder ist verschieden und in sich eine ganz eigene Welt. Aufgeschlossenheit ist immer die beste Option, um nicht nur akademische Aspekte, sondern auch Kultur und Lebensstil zu teilen. Ich warte gespannt darauf, mehr über die deutsche Kultur zu erfahren. Und ich möchte während meiner Zeit in Hof auch meine kolumbianische Kultur zeigen. Mit meiner Arbeit möchte ich dazu beitragen unsere Länder zu verbinden.