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Macht Bier auch Biokunststoffe dicker – und ist Wein vielleicht doch gesünder?

Innovative Forschung für Industrie, Wissenschaft und für die Nachhaltigkeit im Alltag sind Kernmerkmale der Hochschule Hof. Zum zweiten Mal veranstaltete das Institut für angewandte Biopolymerforschung der Hochschule Hof (ibp) nun die Fachtagung „Bioplastics – Scientific and industrial Trends“, um die neuesten Entwicklungen im Bereich der Biokunststoffe einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Dank der Förderung des Europäischen Sozialfonds (ESF), der Oberfrankenstiftung und der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Hochschule Hof e.V. war die Teilnahme für die etwa 180 Zuseherinnen und Zuseher der Online-Tagung einmal mehr kostenlos. Neben Vorträgen aus Wissenschaft und Industrie beschäftigte sich eine Expertenrunde mit der Frage nach der effektiven Lebensdauer von Biopolymeren und ihrer Abbaubarkeit in der Umwelt.  Die besten Vorträge und Arbeiten des Tages wurden ausgezeichnet. 

Die Reststoffe der Weinproduktion können helfen, Biokunststoffe funktional zu verbessern; Bild: Hochschule Hof;

Die Tagung wurde durch Hochschulpräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Lehmann und Prof. Dr. Michael Nase, Leiter der Instituts für angewandte Biopolymerforschung der Hochschule Hof (ibp), eröffnet und durch die Moderatoren Kübra Aslan und Lucas Großmann souverän begleitet.

Was ist besser für Biokunststoffe: Bier- oder Weinreststoffe?

Bereits zu Beginn der Tagung zeichnete sich neben hochinteressanten Beiträgen zur Synthese, Verarbeitung, Anwendung, Recycling, Kompostierung sowie dem Abbau von Biokunststoffen ein weiteres interessantes Thema ab: Erweisen sich Reststoffe aus dem Wein als besser für die Anreicherung von Biokunststoffen als jene aus Bier? Hierzu muss man wissen: Derartige Reststoffe werden in den meisten Fällen zuerst getrocknet, gemahlen und anschließend in Pulverform dem Ausgangskunststoff bei der Verarbeitung hinzugegeben, um gewisse Eigenschaften der Biokunststoffe zu erhalten. Nicht nur Präsident Dr. Dr. h.c. Jürgen Lehmann stellte sich bei dieser Frage klar auf die Seite des Weins, werden doch Reststoffe aus Bier für die Herstellung von Biokunststoffen bislang einzig als Füllstoffe am ibp betrachtet.

Reststoffe aus Bier dienen bei der Produktion von Biopolymeren bislang nur als Füllstoff. Den Biertragerl aus Biertreber entwickelte Dr. Mirko Rennert zusammen mit Schülern des Naila Gymnasiums und den Firmen Spectrum GmbH Kunststofftechnik und Twins Crew GmbH im Rahmen eines jugend-forscht Projektes. Bild: Hochschule Hof;

Auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung wählten aus insgesamt 14 Vorträgen jenen über den Einsatz von Weintrebern (Pressrückständen der Trauben) in Biokunststoffen zu ihrem Vortragsfavoriten.

Ein Drittel jeder Weintraube bleibt bei der Weinproduktion bislang ungenutzt und wird nicht für den eigentlichen Wein verwendet. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass es bereits Versuche gibt, dieses Nebenprodukt als Zusatzstoff in Biopolymere zu integrieren.”

Benedikt Hiller, Referent

Ein besonderer Vorteil der Wein-Reststoffe: Im Weintreber befinden sich sogenannte Flavonoide, also Stoffe, die antioxidative Eigenschaften besitzen und somit die Alterung beeinflussen können. Diese Stoffe sind z.B. auch in Kaffee, Wein, Grüner Tee und Apfelschalen enthalten und gelten somit im Volksmund oft auch als gesundheitsfördernd. „Dies ist hat auch Einfluss auf die Lebensdauer von Biokunststoffen“, so Hiller weiter. Zudem könnten die bislang ungenutzten Trauben-Abfälle eine positive Wirkung auf die Herstellungskosten der Biopolymere entfalten.

Interaktive Beteiligung der Teilnehmenden

Auch bei der Podiumsdiskussion mit den Experten Jöran Reske (INTERSEROH Dienstleistungs GmbH), Christian Eder (BBG Donau-Wald KU) und Nico Arbeck (C.A.R.M.E.N. e.V.) waren die Teilnehmenden der Tagung aktiv gefordert: Zu den Themen “Recycling”, “Kompostierung” und “Einsatz von Biokunststoffbeuteln” konnten sie lebhaft diskutieren. Dabei wurde deutlich, dass es noch einiges an Aufklärungsbedarf zur richtigen Verwendung und dem Recycling bzw. zur Kompostierung von Biokunststoffen gibt.

In den Vorträgen konnte ein Einblick in die aktuellen Entwicklungen aus Industrie und Forschung zu den unterschiedlichsten Themen aus der Welt der Biokunststoffe gegeben werden.“

Prof. Dr. Michael Nase, Institutsleiter ibp

Dabei lag der Fokus auf der Additivierung der Biokunststoffe (u.a. mit Weintrebern), aber auch auf der Gestaltung von Produkten mit Biopolymeren und dem Lebenszyklus der entsprechenden Biokunststoffprodukte. Ebenfalls lieferten weitere Plenarvorträge einen wichtigen Einblick in die Entwicklung der Biopolymere und in die Verwendung von Kunststoffrezyklaten im Automobilbereich.

Statt eine endgültige Entscheidung zwischen Bier und Wein zu treffen, wurde bei der Preisverleihung zum Ende der „Bioplastics 2022“ Sit Hajar Othman mit dem Preis für das beste Poster ausgezeichnet. Der Preis für den insgesamt besten Vortrag im Rahmen der Fachtagung ging an Benjamin Rodriguez Hernandez. Letzterer beschäftigte sich mit der Modifikation des Biokunststoffes PLA. Der sonst sehr spröde Biokunststoff konnte durch eine chemische Modifikation deutlich flexibler gestaltet werden. Aus dem modifizierten Werkstoff konnten flexible Folien hergestellt werden, die als potenzielle Alternative zu herkömmlichen PE-Folien genutzt werden könnten.

Führten souverän durch die Fachtagung: Kübra Aslan und Lucas Großmann: Bild: Hochschule Hof;

Nächste Bioplastics-Tagung im Frühjahr 2024

Die Fachtagung „Bioplastics – Scientific and industrial Trends” wird im zweijährigen Turnus durch die Hochschule Hof veranstaltet und findet im Frühjahr 2024 das nächste Mal statt.


Alexandra Witzig
Rainer Krauß

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