Das Forschungsprojekt „Klärschlammmonitor Bayern“, welches als Studentenprojekt im Masterstudiengang Projektmanagement begann und am iwe im Rahmen des Projektes „GTW – Grüne Technologiewerkstatt Hof“ umgesetzt wurde, ist abgeschlossen. Ziel des Projektes war es, den aktuellen Stand und die Anforderungen an die Klärschlammentsorgung und -verwertung bei bayerischen Kommunen zu ermitteln. Finanziert wurde die Untersuchung durch das Förderprogramm EFRE Bayern.
Durchführung von qualitativen Experteninterviews
Zunächst wurde mittels Experteninterviews eine Potential- und Bedarfsanalyse zu einer digitalen Plattform für die Klärschlammentsorgung bzw. -verwertung in Bayern durchgeführt. 31 Verantwortliche von Kläranlagen mit verschiedenen Verfahren wie der Kammerfilterpresse, Bandfilterpresse, Zentrifuge und Schneckenpresse sowie sonstige Entwässerungsmethoden wurden im Zeitraum von Mai bis August 2021 zur Klärschlammentwässerung interviewt. In den leitfadengestützten Interviews wurden zunächst allgemeine Fragen zur Klärschlammentsorgung und Digitalisierung gestellt. Im Anschluss wurde die Einschätzung zur möglichen Nutzung einer solchen digitalen Plattform zur Klärschlammentsorgung durch die Kommunen abgefragt. Abschließend wurde der Bedarf nach einer Klärschlammentwässerung mit Mikroplastikfilterung angesprochen. Das Interview beinhaltete ausschließlich qualitative Fragen. Hierbei baten wir die Interviewpartner, ihre persönliche Einschätzungen zu treffen und ihre Gedanken zu äußern.
Klärschlamm – ein wichtiges und individuelles Thema
Die Auswertung der Interviews ergab, dass es generell in Bayern sowohl sehr fortschrittlich digitalisierte Kläranlagen gibt, als auch Kläranlagen, welche sich überhaupt noch nicht mit der Thematik der Digitalisierung beschäftigt haben. Dies mag zum Teil mit mangelnder Infrastruktur erklärt werden. 9 % geben an, dass eine flächendeckende Internetverbindung fehlt. Andererseits sagen aber auch fast ein Viertel der Befragten aus (23 %), dass sie durch die Digitalisierung keine Unterstützung bei alltäglichen Herausforderungen erkennen können. Die Kläranlagen, die bereits mit digitalen Werkzeugen arbeiten, geben jedoch an, dass die Digitalisierung einen sehr hohen Stellenwert einnimmt (74 %). Der Ruf nach einer Standardisierung von Digitalisierungslösungen war unter den Verantwortlichen der befragten Kläranlagen am lautesten (20 %). Auch wurde der Wunsch nach einer ermöglichten Überwachung der Anlage von Zuhause und einer schlankeren Verwaltung genannt.
Interesse an digitaler Plattform besteht
Eine digitale Plattform zur Klärschlammentsorgung stellt eher ein abstraktes Thema dar. Auch sehen 15 % keinen direkten Nutzen einer solchen Plattform für Ihr Arbeitsumfeld. Fast ein Viertel der Befragten (22 %) wünschen sich jedoch eine Vereinfachung des Entsorgungsvorganges einhergehend mit Zeitersparnis, lückenloser Dokumentation, weniger Fehler und weniger Zettelwirtschaft. Gleichzeitig scheuen sie aber einen Mehraufwand durch eine komplizierte Bedienung, Schulungsaufwand bei den Mitarbeitern und bürokratische Hürden. Auch sehen sie ein Problem in den strengen Anforderungen an den Datenschutz. Die neue Lösung bedient ein altes Problem. Da jede Kläranlage für sich bereits eine individuelle Lösung für die Entsorgung des Klärschlamms gefunden hat, werden zukunftsorientierte Lösungen derzeit nicht priorisiert bzw. liegen nicht im Fokus der Anlagenbetreiber. Beispielsweise sei hier zu nennen, dass langjährige Verträge mit Zweckverbänden bestehen und die Entsorgung über externe Dienstleister abgewickelt wird. Aufgrund der bisherigen Alternativlösungen besteht kein akuter Bedarf, jedoch wurde großes Interesse bekundet. Eingebaute Schnittstellen zu Ämtern für die leichtere Übertragung von Analysedaten, eine Vereinfachung der Prozessabläufe oder Erleichterung beim Erstellen von Statistiken und Berichten wurden hier unter anderem genannt.
Entfernung von Mikroplastik während des Abwasserreinigungsprozesses
Die gleichzeitige Entfernung von Mikroplastik bei der Klärschlammentwässerung erachten 62 % der Befragten als interessante Option. Die Hauptgründe für die Nutzung der Mikroplastikfilterung sind der Umweltschutz (53 %) und die landwirtschaftliche Nutzung des Klärschlamms (18 %). Weiterhin genannt wurden gesetzliche Vorgaben (12 %), die Phosphorrückgewinnung (6 %) sowie die weitere Nutzung des Klärschlamms (6 %). Lediglich 2 % sehen keinerlei Bedarf einer solchen Maschine oder erachten nur eine Gesamtlösung für die Kläranlage als sinnvoll (3 %).
Anforderungen variieren
Generell konnte festgestellt werden, dass die Anforderungen an Digitalisierungslösungen individuell variieren. Sollten die Kläranlagen durch externe Rahmenbedingungen wie rechtliche Änderungen gezwungen werden, ihre bisherige Vorgehensweise zu ändern, wird die Option einer digitalen Plattform zur Klärschlammentsorgung und damit auch das Thema Mikroplastik im Klärschlamm in den Fokus rücken.
In der umsetzenden Studierendengruppe waren beteiligt: Miriam Schuster, Simon Bröring, Johannes Volpert, Conrad Dietel, Teresa Eberhart, Jonas Will;