Unsere Maschinen kommen ja regelmäßig auch zu Wort: Heute geht es dabei um einen Gelpermeationschromatographen, sprich eine Anlage, mit der man die Größenverteilung der Moleküle bestimmen kann und die an der Hochschule Hof eher in der Grundlagenforschung eingesetzt wird.

Die Maschine ist seit 2024 bei uns im Einsatz. Betreut wird sie am Institut für Kreislaufwirtschaft der Bio:Polymere (ibp) von Johannes Küfner und Benedikt Hiller, beide wissenschaftliche Mitarbeiter, David Krieg, stellvertretender Forschungsgruppenleiter und Lucas Großmann, dem stellvertretenden Institutsleiter.
Guten Tag, eine erste Frage zum Aufwärmen: Wer bist Du? Stell Dich uns doch bitte kurz vor.
“Willkommen in meinem gläsernen Palast! Von hier aus habe ich mein ganzes Reich, das Labor in B206, im Blick. Mein gläserner Palast ist übrigens der Abzug, in dem ich aufgebaut wurde. Durch sein Hauptportal, dem Frontschieber, könnt ihr eintreten. Da ich mit flüchtigen Lösemitteln arbeite kann ich euch aber nur eine kurze Audienz gewähren, dann müsst ihr das Portal schnell wieder schließen, das ist zu eurem eigenen Schutz.
Ich bin eine 1260 Infinity II Gel-Permeations-Chromatograph von Agilent. Kurz: Ich bin die GPC. Wie sie mich nennen, ist einer königlichen Maschine wie mir gleich, wichtig ist nur, dass die volle Aufmerksamkeit auf mir liegt. Ich bin nämlich etwas Besonderes und nur wenige Hochschulen und stark spezialisierte Industriebetriebe, wie etwa aus der Chemie-, der Lebensmittel- oder der Pharmabranche, besitzen baugleiche Maschinen.”
Was machst Du den ganzen Tag? Was kannst Du besonders gut?
“Was für eine Frage… Ich pumpe 24/7 Lösemittel durch meinen Kreislauf. Ich vertrage das i.d.R. sehr gut, manchmal ist ein Lösemittel aber auch sehr aggressiv. Es ist immer überaus rein und dadurch auch sehr kostspielig. Wenn es einmal nicht fließen sollte, müssen meine Bediensteten mich korrekt behandeln, sonst könnten meine Komponenten schlimmstenfalls Schaden nehmen. Mit mir und meinen Gelsäulen lassen sich bestimmte Eigenschaften von z.B. Kunststoffen, oder Klebstoffen oder auch von Lebensmittelzusatzstoffen analysieren.”
Wie fühlt es sich an, den ganzen Tag Moleküle durch Deine Säule zu schleusen? Ist das nicht eintönig?
“Wenn es nichts zum Analysieren gibt und das Lösemittel schön durchfließt, bin ich auch zufrieden. Aber so richtig glücklich bin ich, wenn es auch was zu tun gibt! Mit meinem Greifer entnehme ich mir dann ein vorbereitetes Fläschchen mit Probenflüssigkeit, eine Nadel sticht in das versiegelte Fläschchen und zieht Flüssigkeit heraus. Die Moleküle fließen dann durch mich hindurch und ich kann sie mit meinen hochsensiblen Sinnesorganen betrachten. Das ist für mich überaus erfüllend!”
Was sind das für Sinnesorgane?
“Der eine ist wie ein Auge und misst mittels Lichtstrahl die Anzahl der Moleküle in der Probenlösung, das ist das Lösemittel inklusive der darin gelösten Moleküle. Er kann nämlich unterscheiden, ob nur Lösemittel oder Probenlösung durch ihn fließen. Der andere nutzt die Tatsache, dass das Lösemittel und die Lösung unterschiedlich zäh sind, sich also ihre Viskositäten unterscheiden.”
Und was hat es mit dem Gel auf sich?
“Das Gel ist der Filter für Moleküle. Man stelle sich vor in das Gel hinein zu zoomen. Dann würde man lauter einzelne poröse Kugeln mit unterschiedlich großen Poren erkennen, die die Moleküle auf- und abgeben können. Wenn ein Molekül zu groß ist, fließt es einfach nur zwischen den Kugeln durch.
Sobald ich, also das Gel, die Detektoren und einige andere Anlagenparameter kalibriert sind, kann ich die Molekulargewichte und die Verteilung der Probenmoleküle bestimmen.”
Johannes Küfner ist Dein Hauptbetreuer. Wie kommt Ihr beide miteinander klar?
“Johannes macht das schon ganz gut. Manchmal vergisst er aber, mit wem er es hier zu tun hat. Er muss deshalb genau aufpassen, dass es mir gut geht. Ich habe keine Warnleuchten und er muss deshalb ganz genau aufpassen, dass es mir gut geht. Das heißt, dass Fluss- und Reinigungsmittel durch mich hindurchgepumpt werden, da sich sonst z.B. aggressive Salze ablagern und mich beschädigen könnten. Zudem muss meine Stromversorgung immer – also auch im Falle eines Stromausfalls – gewährleistet sein. Dazu gibt es direkt hinter mir eine lebenserhaltende, unterbrechungsfreie Spannungsversorgung. Aber auch auf meine inneren Werte muss Johannes achten und meiner Software immer korrekt mitteilen, was ich tun soll.”
Kommen die Studierenden auch an Dir zum Einsatz? Wenn ja: Was genau machen sie bzw. welche Aufgabenstellung sollen sie lösen? Nerven sie Dich manchmal?
“Ich bin wirklich sehr sensibel: Einige meiner Sensoren sind teilweise hochempfindlich. Rumgetrampel im Raum oder Druckschwankungen draußen bei stürmischem Wetter sind nicht gut, denn ich zeichne das alles auf. Ich brauche bei meinen Messungen also absolute Ruhe. Unter Aufsicht meiner Bediensteten, die alles von der komplexen Probenvorbereitung bis hin zur ebenso komplexen Ergebnisauswertung begleiten, dürfen aber auch Studis zu mir kommen. Und natürlich auch externe Firmen, für die mein Institut dann besondere Fragestellungen klärt.”
Du arbeitest eng mit Detektoren zusammen. Gibt es manchmal Meinungsverschiedenheiten?
“Nein, die sind sich immer einig und ein eingespieltes Team. Das einzige Konfliktpotenzial besteht darin, dass die Anschlüsse meiner linken und rechten Gehirnhälfte von zwei Herstellern kommen. Die haben zwar das gleiche Gewinde, aber unterschiedliche Längen und dürfen keinesfalls vertauscht werden!”
Was ist Dein größter Erfolgsmoment während einer Analyse? Welche Ansprüche hast Du da an Dich selbst?
“Ich möchte eindeutige Messergebnisse liefern. Besonders stolz bin ich dabei auf das Erzeugen von sogenannten „basisliniengetrennten Peaks“. Das bedeutet, dass es eine klare Trennung zwischen den einzelnen Messausschlägen gibt und so alle Moleküle sauber nach ihrer Größe getrennt wurden.”
Gibt es Moleküle, die Du besonders magst? Oder sind alle gleich?
“Im Moment ist mein Lösemittel polar, also mag ich gerade auch nur polare Moleküle. Würde nun unpolare Moleküle dazukommen, würden diese sich schlecht oder gar nicht mehr lösen und die Trennung nicht mehr funktionieren. Das kannst du dir wie mit Wasser und Öl vorstellen – das mischt sich nicht, da Wasser polar und Öl unpolar ist.”
Man sagt, Du bist essenziell für die Polymerforschung. Setzt Dich das manchmal unter Druck?
“Ja! Es ist ja nicht nur das, sondern auch die hohe Präzision, die ich liefern muss und der hohe Zeit- und Kostenaufwand, der durch mich entsteht. Wenn Proben z.B. verunreinigt sind, mein Lösemittel gealtert ist oder ich lange nicht gewartet wurde können bei der Messung zu viel Rauschen oder auch Fehlsignale auftreten – wofür ICH ja gar nichts kann. Dann muss alles von vorne gemacht werden und meine Bediensteten sind genervt … Aber sie und ich haben gelernt, mit dieser großen Verantwortung umzugehen.
Übrigens bin ich weniger in Richtung Anwendung unterwegs als in Richtung Grundlagenforschung – letzteres ist mein Metier! Ich denke in großen Dimensionen und analysiere z.B. neue Biokunststoffe für die Agrar- und Verpackungsindustrie.”
Bist Du zufrieden hier an der Hochschule? Wer sind Deine Lieblingsnachbar-Maschinen? Wen würdest Du Dir noch hier bei Dir wünschen?
“Es ist ganz nett hier. Etwas mehr Platz und Ruhe wären aber durchaus angebracht. Ich philosophiere gerne mit meinen Nachbar-Maschinen über Kunststoffe. Sie kennen sich besonders gut mit der Durchlässigkeit von Wasser und Sauerstoff aus oder auch mit den Molekülbindungen und der Zersetzung von Kunststoffen unter Temperatureinfluss sowie mit enthaltener Restfeuchtigkeit. Schön wäre, wenn sich bald noch eine TG-Analyse zu mir gesellt.”
Besser wäre es, wenn …
“… mein Lösemittel nicht so teuer wäre!”
Was würdest Du einem Nachwuchsgerät raten, das so werden möchte wie Du?
“Mein Nachfolger in ferner Zukunft (ich werde hier nämlich noch einige Jahrzehnte thronen) sollte in jedem Fall leichter zu bedienen sein!”
Zum Abschluss: Was ist Dein Lebensmotto?
“Prost! Immer schön Lösemittel trinken!”
Vielen Dank für das Gespräch!