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Jetzt reden wir! Die Maschinen an der Hochschule Hof: Der Gaschromatograph (Folge 4): “Ich bin eine Supernase!”

Und wieder sprechen die Maschinen! Heute kommt in unserer Serie ein Gaschromatograph zu Wort, der noch nicht sehr lange an der Hochschule Hof ist. Er wird zur Analyse von flüchtigen organischen Substanzen genutzt. Seine Bezugspersonen sind Dr.-Ing. Simon Mehling und Prof. Dr. Tobias Schnabel vom Institut für nachhaltige Wassersysteme.

Quelle: Hochschule Hof;

Wer bist Du? Stell Dich uns bitte einmal kurz vor.

“Mein voller Name ist Agilent GC 8860 und 5977C MSD mit Autosampler. Das heißt, ich bin ein Gaschromatograph gekoppelt mit einem Massenspektrometer. Aber Ihr dürft mich ruhig „Supernase“ nennen – denn was Ihr nicht riechen könnt (oder wollt), das finde ich für Euch heraus. Seit Anfang 2024 schnuppere ich mich durch das Labor der Forschungsgruppe Photonik und Wasser der Hochschule Hof.”

Was ist Deine Aufgabe? Was kannst Du besonders gut?

“Meine Spezialität sind flüchtige organische Substanzen. Das klingt erstmal sehr wissenschaftlich – aber denkt mal an die komische Luft im neuen Auto, den „Chinageruch“ aus billigem Plastikspielzeug oder Zigarettenrauch in geschlossenen Räumen. Ich erkenne, was da drinsteckt. Auch wenn es geruchlos ist! Das funktioniert so: Probenmaterial kommt in mein System – durch meine Trennsäule wird es aufgeteilt, ionisiert und dann analysiert. Die Substanzen hinterlassen sogenannte Peaks – das sind Ausschläge – auf dem Spektrum – und dank meiner Software und Datenbank weiß ich dann genau, wer sich da so alles rumtreibt. Ob karzinogene Stoffe, Weichmacher, Lösungsmittel oder Mikroschadstoffe im Abwasser.

Im Grunde arbeite ich in zwei Schritten: Zuerst kommt die Gaschromatographie. Sie trennt komplexe Stoffgemische in ihre Einzelbestandteile auf. Dabei werden flüchtige Substanzen durch eine Trennsäule geschickt – je nach chemischer Eigenschaft kommen sie zu unterschiedlichen Zeiten an.

Im zweiten Schritt kommt dann die Massenspektrometrie. Sie zerlegt die getrennten Substanzen in geladene Teilchen – das sind Ionen – und misst deren Masse. Daraus entsteht ein charakteristisches Massenspektrum, mit dem die Substanz eindeutig identifiziert werden kann – wie ein molekularer Fingerabdruck.”

Wie kommst Du mit Deinen Betreuern klar?

“Ich will die Nase ja nicht zu weit oben tragen, aber ich bin jung, smart und zuverlässig – es dürfte also klar sein, dass mich meine Betreuer lieben. Das sind übrigens Dr.-Ing. Simon Mehling und Prof. Dr. Tobias Schnabel. Und auch ich kann die beiden wirklich gut riechen! Sie verstehen meine Komplexität und arbeiten sehr wertschätzend mit mir zusammen. Studierende dürfen meine Hardware übrigens nur in abgesprochenen Einzelfällen nutzen, bei der Auswertung werden sie aber gerne öfter mit einbezogen.”

Das klingt, als wärst du ganz schön überzeugt von Dir selbst?

“Also hardwareseitig bin ich tatsächlich auf Top-Niveau. Dank meinem Autosampler kann ich bis zu 16 Proben hintereinander analysieren. Da ich das komplett selbständig mache, schiebe ich daher auch gerne mal eine Nachtschicht ein. Ich bin halt pflegeleicht und fleißig. Aber meine Software, naja, sie braucht manchmal etwas Kaffee. Hätte man mir ein Premium-Paket gegönnt, wäre ich um einiges schneller. But nobody is perfect!”

Bist Du an Deinem Einsatzort glücklich?

“In meinem Zuhause, C002, genieße ich besonders, dass ich aus der meiner Ecke alles im Labor im Blick habe. Es ist die beste Ecke des Labors, finde ich. Ich bin aber auch die größte Maschine im Raum und laut Listenpreis 80.000 Euro schwer – da bekommt man schon gewisse Privilegien. So auch den Kühlschrank direkt neben mir, wo die feinsten Proben für mich gelagert werden. Gerne schau ich mir auch an, was nebenan zum Thema Aquaponik geforscht wird, das Aquarium und der vertikale Pflanzturm gefallen mir sehr!”

Wie lange wirst Du voraussichtlich im Dienst bleiben?

“Ich werde als Nase im Dienst der Forschung frühestens in 30 Jahren in Rente gehen – solange man mich gut wartet. Da baue ich auf das Team hier!”

Besser wäre es, wenn …

“… ich noch etwas mehr Ausstattung hätte. Ich träume von einem Headspace Sampler, damit ich noch mehr Probeneinspritzungsoptionen habe. Oder von einer Zusammenarbeit mit meiner Verwandten, der HPLC im Nachbargebäude. Man munkelt, wir könnten irgendwann zusammenziehen. Wäre echt schön!”

Willst du uns abschließend noch etwas erzählen?

“Gerne! Aktuell schnüffle ich für ein Projekt gegen schlechte Luft. Das Forschungsprojekt heißt phoTech und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es geht dabei um photonische Luftreinigung von Innenraumluft, ­Industrieluft, biogener Luft und Stadtluft. Denkt beispielsweise an Abluft im Gastro- und Industriebereich, den Geruch von Bioabfall oder Bausubstanzen in Bestandsgebäuden.

Wir helfen, Schadstoffe zu erkennen und neue, smarte Reinigungslösungen zu entwickeln. Einfacher, günstiger und wartungsärmer als herkömmliche Aktivkohlefilter. Meine Ergebnisse liefern dabei die Grundlage für die Weiterentwicklung der Technologiebasis. Mehr dazu könnt Ihr auch auf meiner Webseite finden.”

Vielen Dank für das Gespräch!

Christa Sprengard
Anne-Christine Habbel

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