Bereits Mitte Januar waren die ersten von insgesamt 15 Bürgerforschungsprojekten gestartet, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über eine Laufzeit von bis zu vier Jahren fördert. Mit dabei ist auch ein Projekt der Hochschule Hof, das sich mit der Erforschung seltener Krankheiten beschäftigt. Bei Projekten der Bürgerforschung werden Bürgerinnen und Bürger selbst zu Forschenden, indem sie ihr Erfahrungswissen einbringen. Genau hierfür sucht die Hochschule Hof nun Betroffene seltener Krankheiten oder deren Angehörige.
Vor Ort in Hof verantwortet wird das Bürgerforschungsprojekt „SelEe – Seltene Erkrankungen bürgerwissenschaftlich erforschen!“ von den Professoren Dr. Beatrix Weber und Dr. Jörg Scheidt am Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof (iisys). Mit ihrer Forschung wollen sie neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der seltenen Erkrankungen gewinnen – beispielsweise über die Verbreitung der Erkrankungen oder darüber, in wie weit sich Symptome bei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen unterscheiden. Diese Fragen sollen zusammen mit einem Konsortium aus Bürgerinnen und Bürgern, Forscherinnen und Forschern der Hochschule Hof und der Medical Informatics Group des Universitätsklinikums Frankfurt beantwortet werden, für das nun Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesucht werden.
Welche Krankheiten sind selten?
„In Europa gilt eine Krankheit als selten, wenn diese nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen betrifft. Davon gibt es ca. 8000 unterschiedliche Erkrankungen, die allein in Deutschland rund 4 Millionen Menschen betreffen. Die meisten davon sind genetischen Ursprungs“, erläutert Prof. Dr. Jörg Scheidt. Und weiter: “Auf der Suche nach einer Diagnose erleben Betroffene oft eine „Arzt-Odyssee“, da Fachkräfte und spezialisierte Einrichtungen für diese Erkrankungen selten sind. Auch für die Wissenschaft ist die Thematik aufgrund dieser Eigenschaften schwer zugänglich.
Die Konsequenz ist, dass Betroffene häufig selbst zu Fachleuten für ihre jeweiligen Erkrankungen werden. Darum möchten wir sie direkt einbinden, damit möglichst viele Betroffene direkt von den Erfahrungen profitieren und ihr Wissen einbringen können.”
Prof. Dr. Jörg Scheidt
Versorgungsqualität durch Erfahrungsaustausch verbessern
Auf der Basis einer digitalen Plattform sollen im Projekt Erkenntnisse über die seltenen Erkrankungen gewonnen werden. Beteiligte können dabei auch selbst Anforderungen an das Forschungsprojekt stellen, Lösungsansätze entwickeln und die entstehende Plattform mitgestalten.
Angedacht ist zum Beispiel digitale und anonymisierte Tagebücher über den jeweiligen Symptomverlauf zu erstellen und so Gemeinsamkeiten seltener Krankheiten zu identifizieren. Dies kann dazu beitragen, die Versorgungsqualität im Bereich der Seltenen Erkrankungen zu verbessern.”
Prof. Dr. Beatrix Weber
Teilnahme am Projekt
„Eine Teilnahme an diesem Projekt erfordert keinerlei Vorkenntnisse. Jeder kann sich an allen Projektphasen beteiligen, von der Definition der Zielstellung bis zur Auswertung und
Diskussion der gewonnenen Daten und Erkenntnisse“, erklärt Projektmitarbeiter Michael Steglich. Teilnehmerinnen und Teilnehmern angeboten wird die aktive Teilnahme an Workshops zur Definition der Forschungsziele und –methodik, die Mitgestaltung der digitalen SelEe-Plattform und ggf. angebundener Apps sowie das Sammeln von Daten und eine Auswertung der gewonnenen Daten über die neue SelEe-Plattform.
„Wer sich zu einer Teilnahme entschließt, kann dazu beitragen, dass zu den Erkrankungsgruppen die richtigen Fragen gestellt werden, deren Beantwortung und Methodik für Betroffene und das Forschungsfeld dauerhaft einen Mehrwert schafft. Frühere bürgerwissenschaftliche Projekte im medizinischen Bereich haben bereits gezeigt, wie wertvoll die Beteiligung von Betroffenen und deren Angehörigen ist. So wurden zum Beispiel im Bereich der Mukoviszidose Verbesserungsmöglichkeiten bei der Versorgung Betroffener untersucht. Ähnliches kann auch hier gelingen“, so Prof. Dr. Jörg Scheidt abschließend. Das Projekt wird von der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE e.V.) unterstützt. Erste Ergebnisse werden im dritten Forschungsjahr erwartet.
Wer sich am Projekt beteiligen möchte, findet hier einen entsprechenden Bewerberbogen…
Kontakt unter:
Prof. Dr. Jörg Scheidt
Telefon: +49 (0) 9281 / 409 4640
Hintergrund:
Das Projekt hat eine Laufzeit von April 2021 bis März 2024 und wird im Rahmen des Förderbereichs Bürgerforschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es gehört zu 15 Projekten, die bis Ende 2024 die Zusammenarbeit von Bürgerinnen und Bürgern und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler inhaltlich und methodisch voranbringen und Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben sollen.
www.bmbf.de
https://www.bmbf.de/de/wissenschaftskommunikation-und-buergerbeteiligung-12531.html
https://www.buergerschaffenwissen.de