Das EUROPA-FORUM an der Hochschule Hof feierte am 16. Oktober sein zehnjähriges Bestehen – und damit eine Dekade intensiven Engagements für Dialog, Werte und Partnerschaft zwischen Europa und seinen Nachbarn. In diesem Jahr ging es um die Zusammenarbeit zwischen Europa und dem Nahen Osten.

Hochschulpräsident Jürgen Lehmann eröffnete die Veranstaltung mit einem Appell, die europäische Wertekultur als verbindendes Fundament zu bewahren. „Die Hochschule Hof versteht sich als Hort der Werteordnung“, sagte Lehmann. „Wir sollten immer wieder reflektieren, welche Schätze wir in welchen Ländern haben.“ Für die nächste Ausgabe des Forums wünsche er sich, dass nach dem Thema Nahost die „Wertekultur“ zum Leitthema werde.
Vater des EUROPA-FORUMS
Als „Vater des Europa-Forums“ wurde der Europarechtler Professor Dr. Peter Schäfer geehrt, der seit einem Jahrzehnt die Veranstaltung prägt. „Zehn Jahre Engagement – sehr altruistisch“, sagte Lehmann über Schäfer, „sein Einsatz hat ihn zum ‚Mister Europa‘ gemacht.“ Schäfer selbst dankte allen Unterstützern und Wegbegleitern und schlug den Bogen zur geopolitischen Lage: „Europa darf nicht nur wirtschaftlich denken, sondern muss seine Werte aktiv verteidigen.“
In seiner Analyse der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) stellte Schäfer fest, dass politische Instabilität, Klimawandel und Demokratiedefizite zentrale Herausforderungen bleiben. Zugleich gebe es Potenziale:
Die Frage ist, ob wir unsere Werte entschlossen genug vertreten – oder ob wir manchmal zu tolerant sind.”
Prof. Dr. Peter Schäfer
Der Nahe Osten als Ort der Chancen für Unternehmen
Der Nahost-Experte Alexander Klaß, der lange in Syrien, Iran, Tunesien und Türkei gelebt hat, betonte die Bedeutung von Vertrauen im internationalen Geschäft. „Zuerst kommt der Tee, dann das Vertrauen – und erst dann das Geschäft“, zitierte er ein arabisches Sprichwort. Klaß, der für den Verein arbeitet, sprach über Chancen für deutsche Unternehmen in der Region – von Medizintechnik in Katar bis hin zu Infrastrukturprojekten im Irak hatte er viele Beispiele im Gepäck. Auch Länder wie Oman seien unterschätzte, aber stabile Partner. „Es gibt keinen Grund, sich nicht wirtschaftlich mit der Region zu beschäftigen“, sagte er.

Gemeinsame Interessen gesucht
Sonja Fontaine von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hob hervor, dass sich die Entwicklungszusammenarbeit in Richtung echter Partnerschaft gewandelt habe. „Wir suchen in Regierungsverhandlungen überlappende Interessen“, so Fontaine. Themen wie Klima, Energieversorgung und Migration prägten die Arbeit zunehmend. Auch sie hat lange Jahre in der arabischen Region gelebt. Ihr ist es besonders wichtig, „dass Märkte fair sind“ – und dass lokale Fachkräfte eingebunden werden. 80 Prozent der GIZ-Mitarbeitenden stammen aus den Partnerländern selbst.

Gute Erfahrungen in Tunesien
Ein starkes regionales Signal kam aus Oberfranken: Timo Piwonski, Gründer des Automobilzulieferers Iprotex, berichtete von seinen Erfahrungen in Tunesien, wo sein Unternehmen seit vielen Jahren tätig ist. „Wir sind Textiler – wir können nichts anderes“, sagte er augenzwinkernd. Tunesien biete moderate Lohnkosten und steuerliche Vorteile, was gerade für Mittelständler interessant sei.

Vizepräsident Prof. Valentin Plenk von der Hochschule Hof ergänzte, wie offen und kooperationsbereit er die Menschen dort erlebt habe. Auf einer 3200 Kilometer langen Forschungsreise habe er „41 Ansatzpunkte für gemeinsame Projekte“ gefunden. Mit dem europäischen Horizon-Projekt ‚Phoenix‘ arbeitet die Hochschule derzeit daran, Ernteausfälle in Afrika durch digitale Informationssysteme zukünftig zu verringern.

Moderiert wurde die Jubiläumsveranstaltung mit weit über hundert Gästen von Matthias Will von der Frankenpost. Am Ende des Forums stand denn auch nach ausgiebiger Diskussion die Einsicht, dass Europa nicht nur Markt, sondern auch Wertegemeinschaft ist – und dass der Dialog mit Nachbarregionen mehr bedeutet als wirtschaftliche Kooperation. Europa kann seine Werte nur bewahren, wenn es sie teilt – mit Respekt, Dialog und wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Oder, wie Klaß es formulierte:
Der erhobene Zeigefinger ist immer schwierig. Wir sollten Grenzen abbauen – und Beziehungen aufbauen.”
Alexander Klaß, Nahost-Experte















