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Nah- und Fernwärme in Bayern: Stehen wir uns selbst im Weg?

In Deutschland wird derzeit ein Wandel hin zu erneuerbaren Energien und einer nachhaltigeren Wärmeversorgung, die so genannte „Wärmewende“, vorangetrieben. Die Technologien für den Ausbau der klimaneutralen Wärmeversorgung durch Nutzung von Nah-und Fernwärmenetzen sind bereits vorhanden und in bestehenden Netzen auch praxiserprobt. Der Weg von der Idee eines Nahwärmenetzes für die Quartiersversorgung bis zur tatsächlichen Inbetriebnahme kann jedoch sehr langwierig sein.

Das Projekt „Ausbau und Digitalisierung effizienter regenerativer Nahwärmenetze“ freut sich über weitere Beteiligung; Bild: Hochschule Hof;

Oft scheitert es nicht an der Technologie, sondern an der Kommunikation der Beteiligten. Und auch weitere unnötige Hürden verlangsamen ambitionierte Vorhaben oder verhindern sie vollständig.

Hürden bei der Umsetzung eines Nahwärmenetzes

Im ersten Beispiel geht es um einen kleinen Ortsteil einer Stadt in Bayern, in dem die Anwohner mehrere Möglichkeiten zur Wärmeversorgung diskutierten und sich schließlich auf die Idee eines Nahwärmenetzes verständigten. Von der Ideenfindung bis zur Weiterverfolgung durch die zuständige Kommune vergingen jedoch zwei Jahre, in denen die Anwohner auf Antworten warteten. Fehlende Ressourcen, inkonsequente Kommunikation und das fehlende Festlegen von Kümmerern erschwerten den Projektfortschritt über lange Zeit immens bis nun endlich – Jahre später – Interessenten angefragt und die Planungen begonnen wurden.

Ausgangspunkt eines zweiten Beispiels ist ein in Bayern weit verbreiteter Anwendungsfall: Ein Landwirt betreibt seit über zehn Jahren eine Biogasanlage und verstromt das erzeugte Biogas mit EEG-Förderung in einem Blockheizkraftwerk. Die dabei entstehende Abwärme wird bereits teilweise genutzt, um den Hof, die Fermenter und in einem späteren Schritt die ortsansässige Grundschule zu versorgen. Der größte Teil der Wärme wird jedoch an die Umgebung abgegeben. Die Idee, das Netz zu erweitern und das umliegende Wohnviertel mit Wärme zu versorgen, wurde an die Stadt herangetragen. Bis zum Start der Ideenumsetzung vergingen mehrere Jahre. Gründe für die Verzögerung waren die fehlende Klärung von Verantwortlichkeiten und die Notwendigkeit, eine Straße mit der Leitung zu kreuzen. Mittlerweile geht das Projekt in eine Machbarkeitsstudie und die Stadt unterstützt in einer partnerschaftlichen Kooperation.

Im letzten Beispiel scheiterte das Projekt fast schon in der Entstehung: Eine bayerische Gemeinde hatte Probleme bei der Suche nach Anschlussnehmern für ihr geplantes Wärmenetz. Viele Einwohner hatten kein Interesse, da sie kürzlich ihre Heizanlage getauscht hatten oder generell eher skeptisch waren. Hierbei spielen oft auch traditionelle Denkmustern wie „Das läuft doch, das haben wir schon immer so gemacht!“ eine nicht zu unterschätzende Rolle. Dies führte zu einem Dilemma, da ohne Interessenten keine Wirtschaftlichkeitsrechnung möglich war, aber ohne Informationen über das Netz und den Wärmepreis andererseits auch schwer neue Interessenten zu finden waren. Das Problem wurde schließlich durch Informations- und Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit gelöst und das Wärmenetz gebaut. Allerdings: Aufgrund geringer Anschlusszahlen ist der Betrieb nur knapp wirtschaftlich und es wird immer noch nach Erweiterungsmöglichkeiten gesucht.

Ein erfolgreiches Projekt: Das Heizhaus der Bioenergie Nordhalben e.G.; Bild: Hochschule Hof;

Hochschule Hof erkennt Probleme und packt an

Hürden gibt es also auf dem Weg zu einem funktionsfähigen und wirtschaftlichen Nahwärmenetz einige. Die genannten Beispiele geben einen Einblick, was auf Gemeinden oder Betreiber zukommen kann, wenn sie diesen Schritt wagen. Doch viele Hürden sind oft unnötig und lediglich durch fehlende Kommunikation verursacht.

Solange hier kein Umdenken bei Personen in Entscheidungs- oder Schnittstellenpositionen stattfindet, die vorhandenen Potenziale nicht genutzt werden und wir uns weiterhin selbst bei der Wärmewende im Weg stehen, sind die bayerischen Klimaziele so nicht einzuhalten.”

Dr. Andy Gradel, Institut für Wasser und Energiemanagement (iwe)

Ein Umdenken kann jedoch nur stattfinden, wenn sich alle beteiligten Akteure ihrer Rolle bewusst und technisch informiert sind. Das Projekt „Ausbau und Digitalisierung effizienter regenerativer Nahwärmenetze“ der Hochschule Hof packt genau diese Problematiken an und bietet kostenlose Weiterbildungen und Unterstützung rund um Nahwärmeprojekte in Bayern. Dabei werden alle Themen von der Projektidee bis zum Spatenstich in eintägigen Weiterbildungsmaßnahmen mit Fokus auf den Stand der Technik und die Umsetzung in der Praxis behandelt. Die Veranstaltungen finden hybrid an verschiedenen Veranstaltungsorten und online statt.

Eine Teilnahme ist innerhalb Bayerns gebührenfrei möglich (Kontakt unter: projekt-adern@hof-university.de).

Anton Sack

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