Auf ein Vierteljahrhundert in Wissenschaft und Forschung kann in diesen Tagen Prof. Dr. Jörg Scheidt vom Institut für Informationssysteme (iisys) zurückblicken. Seit März 2002 – also immerhin fast zwei Jahrzehnte lang – ist er an unserer Hochschule tätig. Wir haben den Jubilar gebeten, für uns ein wenig in den Erinnerungen zu schwelgen (Interview).
25. Dienstjubiläum, knapp 20 Jahre davon an der Hochschule Hof – lieber Herr Prof. Scheidt: An was erinnern Sie sich als Allererstes, wenn Sie an Ihre Zeit an der Hochschule denken?
Als ich hier anfing, gab es gerade mal das A-Gebäude, kein Forschungsinstitut, wenige Studiengänge, jeder kannte noch jeden. Heute kann man schon an den hinzugekommenen Gebäuden ermessen, was sich in den seitdem vergangenen Jahren getan hat. Die Hochschule hat eine tolle Entwicklung genommen!
Was hat Sie damals nach Hof gebracht und hatten Sie schon immer vor, eine so lange Zeit an der Hochschule zu bleiben?
Die Hochschule hatte gemeinsam mit der damaligen Schmidt-Bank den Studienschwerpunkt Bankeninformatik installiert, für diesen wurde ich berufen. Als ich 2002 kam, war dieser aus bekannten Gründen allerdings schon ein Auslaufmodell. Es war aber kein Problem, neue Schwerpunkte zu setzen und sich für diese zu engagieren.
Wir fühlen uns in Hof nach wie vor sehr wohl. Die Hochschule hat sich prächtig entwickelt und wir haben als “Zugezogene” Hof sehr zu schätzen gelernt. Als Familie lebt es sich sehr gut hier. Das Kultur- und Freizeitangebot ist fantastisch für eine Stadt dieser Größe und die Preise sind extrem familienfreundlich.
Prof. Dr. Jörg Scheidt
Kopfschmerzradar, Bürgerforschung, CoVaKo-Studie: Ihre Themen waren zuletzt sehr präsent. Wie anspruchsvoll ist es, dass alles unter einen Hut zu bekommen?
Das funktioniert, weil ich ein extrem gut eingespieltes Team von Mitarbeiter habe. Wir konnten früh einige der besten Informatikabsolventen für unsere Forschungsgruppe gewinnen. Selbst mit meinen allerersten Mitarbeitern im iisys, mit denen ich 2010 die Forschungsgruppe aufgebaut habe – sie haben mittlerweile die smartlytic GmbH am Einstein1 gegründet -, arbeite ich noch intensiv in verschiedenen Projekten zusammen.
Wo und wie entspannen Sie sich privat?
Am Herd. Ich bin der Koch der Familie, allabendlich entspanne ich mich beim Kochen.
Dazu interessiere ich mich für Kultur – regelmäßige Besuche bei den wunderbaren Hofer Symphonikern, den Hofer Filmtagen, gelegentliche im Theater. Dazu verbringe ich schöne Stunden am Untreusee und im Theresienstein.
Gab es besondere Situationen, an die Sie sich gerne erinnern und von denen Sie uns erzählen können?
Es gab eine einschneidende Erfahrung mit für mich großen Auswirkungen: 2008 – ich war gerade Dekan der Fakultät – wurde ich aufgefordert, unverzüglich zum Präsidenten zu kommen und Kollege Richard Göbel aus seiner Vorlesung im großen Hörsaal zu holen und mitzubringen. Ich weiß nicht, ob es das vorher oder seitdem noch einmal gab. Was war passiert?
Ein Vertreter des Ministeriums war am Telefon. Die ursprünglich für den Transrapid (“10 Minuten!”) reservierten Gelder wurden u.a. an Hochschulen verteilt und die Frage war, wie man einen Teil des Geldes in Hof einsetzen könnte. Zu unserem Glück hatte Richard Göbel ein Konzept für ein Forschungsinstitut für Informationssysteme in der Schublade. Wenige Tage später hatten wir den positiven Bescheid. Das war der Anfang des iisys, für mich DER Startpunkt für meine Forschungstätigkeit hier in Hof.
Wie hat sich die Arbeit in den zweieinhalb Jahrzehnten verändert und wie haben sich vielleicht auch die Studierenden verändert?
Zu Anfang meiner Tätigkeit stand ausschließlich die Lehre im Vordergrund. Inzwischen hat die Forschung einen immer höheren Anteil meiner Aktivitäten eingenommen. Dazu kommt Gremienarbeit in verschiedenen Posten.
Die Studierenden werden scheinbar immer jünger. Liegt das daran, dass ich älter werde? Am Anfang meiner Tätigkeit wurde ich einmal von einer Kollegin mit einem Studenten verwechselt. Das passiert nun nicht mehr.
In 25 Jahren gab es einen enormen technischen Sprung. Vielen macht das in einer sich verändernden Gesellschaft auch zunehmend Angst. Ist Technik Segen oder Bedrohung?
Die Technik ist ein Segen. Aber sie muss mit Augenmaß eingesetzt werden. Wir haben ja die Freiheit für uns selber zu entscheiden, was wir daraus machen.
Ich persönlich hätte mich in meinem Studium über die Recherchemöglichkeiten der heutigen Zeit gefreut. Ich erinnere mich gut an die vielen Bibliotheksbesuche. Nicht immer fand man ein Buch mit der gewünschten Information. Aber auf eine Weise hatten wir es auch einfacher als die jungen Leute heute. Durch das geringere Angebot war es leichter, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Was steht in Ihrer Arbeit als nächstes an und welche Ziele verfolgen Sie?
Natürlich wollen wir unsere vorhin genannten laufenden Projekte zum Erfolg führen. Daneben gilt es, neue Projekte zu akquirieren. Unsere Mitarbeiter sind rein Drittmittel-finanziert und es ist eine wesentliche Aufgabe für mich als Forschungsgruppenleiter, Geld für die weitere Beschäftigung meiner Mitarbeiter aufzutreiben. Mein vornehmliches Ziel ist es also, den Fortbestand meiner Forschungsgruppe zu sichern und dafür interessante Projekte, vornehmlich – aber nicht nur – aus dem Gesundheitsbereich, zu akquirieren.
Was ist Ihr größter Wunsch, wenn Sie an die Hochschule Hof denken?
Die Hochschule hat sich als Fortschrittsmotor der Region etabliert. Kann man sich Hof noch ohne die Hochschule vorstellen? Mein persönlicher Wunsch ist es, noch vielen jungen Menschen einen guten Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Nichts ist befriedigender als zu sehen, wie aus zunächst schüchternen Erstsemestern gut ausgebildete, selbstbewusste Absolventen werden. Mit vielen halte ich dann noch Kontakt und es ist wunderbar zu beobachten, was aus ihnen wird.
Vielen Dank für das Gespräch!