Die Themen des 6. Europa-Forums umfassen in diesem Jahr die Verbindungen zwischen der EU und Oberfranken, EU-Förderprogramme sowie das große Zukunftsthema Mobilität. Prof. Dr. Peter Schäfer hat das Europa-Forum gegründet, er selber hat viele Jahre in europäischen Organisationen gearbeitet und ist seit 1996 Professor für Europäisches Wirtschaftsrecht an der Hochschule Hof. Er berichtet im Gespräch über das Forum, aber auch über seine Sicht zum Zustand der Europäischen Union.
Herr Professor Schäfer, warum haben Sie damals die Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen?
Das jährliche Europa-Forum soll die europäische Idee an der Hochschule Hof wie in der Region Hof wach und lebendig halten. Frieden und Freiheit in Europa sind nicht selbstverständlich. Wir müssen diese Werte immer wieder aufrufen, für sie werben und streiten.
Jeder Italiener, jede Italienerin beherrscht 250 Gesten – herrlich! Die ausgestreckte Hand halbhoch an die Hüfte zu halten, heißt dort: Ich habe Hunger – köstlich! Ich liebe diese Vielfalt!
Prof. Dr. Peter Schäfer
Für wen machen Sie das Forum? Wer ist die Zielgruppe und kommen auch Studierende?
In erster Linie richtet sich das Forum an die Hochschulgemeinde Hof, also vor allem an unsere Studierenden, aber auch an alle Bürgerinnen und Bürger wie an die Unternehmen in Stadt und Landkreis Hof – egal, ob sie die Europäische Union nun positiv oder kritisch sehen.
Sie sind seit 25 Jahren Prof für Europäisches Wirtschaftsrecht. Was fasziniert Sie an diesem Thema?
Die Europäische Union mit ihren 27 Mitgliedstaaten und 450 Mio. Einwohnern ist das erfolgreichste Friedensprojekt unserer Geschichte. Seit 75 Jahren fiel – wenn wir mal von den Jugoslawien-Kriegen absehen – kein Schuss mehr in Europa. Das ist ein unbezahlbares, hohes Gut.
Zweitens bringen die EU und ihre Rechtsordnung die Völker dieses Kontinents enger zusammen. Wir lernen voneinander und dürfen auch mal übereinander lachen. Das Austauschprogramm ERASMUS+ der EU hat schon Millionen von Studierenden ein Studium bei den europäischen Nachbarn ermöglichst – auch meinem eigenen Sohn, der ein Jahr lang in Ungarn war und sich dort pudelwohl fühlte. Die kulturelle Vielfalt, gefördert und geschützt durch die EU, macht diesen Kontinent so lebens- und liebenswert!
Drittens: das EU-Recht bildet DIE Klammer der europäischen Völkerfamilie. Es hat Vorrang vor nationalem Recht und berührt mittlerweile alle Bereiche unseres Alltags. Als ich in den 80er Jahren Jura in Erlangen studierte, war das EU-Recht ein Randgebiet.
Wie hat sich die EU in den letzten 20 Jahren verändert? Ist sie näher an die Bürger gerückt?
Mit der Osterweiterung ist die EU größer geworden – möglicherweise zu schnell zu groß. Sie wuchs 2004 mit einem Schlag von 15 auf 25 Mitgliedstaaten. Wir sollten weitere Beitritte vorsichtig angehen – überlegt, nicht übereilt. Und die EU ist auch nationaler geworden: der Brexit und das jüngste Urteil des polnischen Verfassungsgerichts lassen grüßen. Die meisten Menschen in Europa sind für eine europäische Nationalität noch nicht reif. Das muss erst wachsen.
Die Polen und die Ungarn – darf ich offen sein – leiden immer noch unter einem sozialistischen Minderwertigkeits- und „Moskau-Abnabelungs-Komplex“. Das müssen wir ernst nehmen. Der Nationalismus hat sich – leider – in vielen Staaten noch nicht totgelaufen. Das wird noch 10 bis 15 Jahren dauern.”
Prof. Dr. Peter Schäfer
Dagegen finde ich, dass die EU Corona gut gemeistert hat, trotz einiger Pannen. Bulgarien hätte sich die nötigen Impfdosen gar nicht alleine kaufen können. Ja, die EU ist „closer the citizen“, aber niemand merkt es. Daher ja auch das kommende Europa-Forum an unserer Hochschule.
Sie haben verschiedene Schwerpunkte gesetzt für die diesjährige Veranstaltung gesetzt, welche genau sind das? Und welche Referentinnen und Referenten haben Sie in diesem Jahr eingeladen?
Es geht uns dieses Jahr um Mobilität und Forschung, aber auch um die Zukunft der EU. Eingeladen haben wir zum Beispiel den stellvertretenden Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission aus München. Er spannt den großen Bogen. Forscher und Forscherinnen unserer Hochschule werden aktuelle EU-geförderte Programme vorstellen. Eine aufgeweckte BWL-Studentin wird für die junge Generation sprechen.
Inwieweit sehen Sie einen tatsächlichen Einfluss der EU auf Oberfranken? Und: Können Sie ihn auch ganz konkret für die Entwicklung der Hochschule Hof ausmachen?
Die Struktur- und Regionalfonds der EU, etwas INTERREG, aber auch die EU-Forschungsförderung kommen direkt der Region Oberfranken und der Hochschule Hof zugute. Es fließen Millionen. Frau Kitzing und Frau Müller von der Hochschule Hof werden darüber beim Forum berichten. Tausende von Hofer Studierenden haben in den letzten 25 Jahren mit EU-Austauschprogrammen überall in Europa studieren können – für immerhin 300 Euro/Monat. Ich denke, das ist schon was für eine Studentin oder einen Studenten.
Findet die Veranstaltung nur in und für die Region statt oder gibt es mittlerweile eine überregionale Strahlkraft?
Die Veranstaltung strahlt hauptsächlich in die Region. Das bedeutet uns schon sehr viel. Wir sind aber dabei auch überregionale Partner zu gewinnen.
Hat denn was in Oberfranken vor sich geht auch eine Rückwirkung auf die EU, oder haben wir eine Einbahnstraße der Macht und spüren hier nur die Auswirkungen von Förderung und Regionalpolitik?
Die Hochschule Hof mit ihrem iisys, dem Gründer- und dem Energie- und Wasserzentrum wird zunehmend ernst genommen. Unser Wort zählt etwas in der deutschen Forschungslandschaft. Aber auch die EU nimmt uns mehr und mehr wahr, sei es durch die Bayerische Vertretung in Brüssel, durch Anfragen und Initiativen von fränkischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments, durch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus der Metropolregion Nürnberg wie durch Forschungsergebnisse unserer Professorinnen und Professoren – wenn ich nur an das Migräne-Radar denke.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Programm des 6. Europa-Forums an der Hochschule Hof:
17:15 Uhr:
Begrüßung Prof. Dr.-Ing. Valentin Plenk (Vizepräsident Forschung und Entwicklung an der Hochschule Hof)
17:30 Uhr:
Einführung: Die EU –Auch wichtig für Oberfranken und die Hochschule Hof
Prof. Dr. Peter Schäfer (Professor für Europarecht an der Hochschule Hof)
17:40 Uhr:
Der Stand der europäischen Integration – EU-Forschungsförderung für Hochschulen via INTERREG und EFRE
Dr. Renke Deckarm (Stellv. Leitung und Pressesprecher der EU-Kommission in Bayern und Baden-Württemberg)
18:10 Uhr:
AKTMEL-Projekt an der Hochschule Hof
Stephanie Kitzing (Projektleiterin AKTMEL – „Aktuelle Meldedaten“)
18:20 Uhr:
Digital Regions -INTERREG-Projekt
Katrin Müller (Projektmanagerin Digital Regions)
18:30 Uhr:
Podiumsdiskussion
Moderator: Matthias Will (Leiter Wirtschaftsressort, Frankenpost=
Teilnehmende: Dr. Renke Deckarm, Prof. Dr.-Ing. Valentin Plenk, Prof. Dr. Peter Schäfer, Stephanie Kitzing, Katrin Müller, Julia Wohlrab (Studentin EU-Recht)
19.30 Uhr:
Ende der Veranstaltung
Anmeldungen sind bis zum 11. November per Email unter forschungsmarketing@hof-university.de möglich.