Selamu Temesgen Lambiso ist seit dem 01.10.2019 als Doktorand am Institut für angewandte Biopolymerforschung (ibp) tätig. Selamu hat seinen Bachelor- und Masterabschluss in Textile Manufacturing an der Bahir Dar University am Ethiopian Institute of Textiles erlangt. Seitdem arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter an der Wollo University im Kombolcha Institute of Technology. Über das 4. Äthiopisch-Deutsche DAAD Promotions-stipendienprogramm arbeitet Selamu unter der wissenschaftlichen Betreuung von Prof. Dr. Nase fortan im halbjährigen Wechsel zwischen Hof (Wintersemester) und seiner betreuenden Universität in Äthiopien an der Entwicklung und Untersuchung stärkebasierender Biokunststoffe zur Extrusion von Monofilamenten mit dem Arbeitstitel “Synthesis and characterization of fiber from moringa stenopetala seed biopolymer for technical application”. Aus den biologisch abbaubaren Endlosfasern sollen Textilien entstehen und zum Schutz vor Moskitos dienen, die nach wie vor für eine hohe Anzahl von Malariafällen in Afrika verantwortlich sind. Damit die schützenden Netze nicht zusätzlich die Umwelt bei unsachgemäßer Entsorgung belasten, lassen sich die Stärkepolymere unter den dortigen atmosphärischen Bedingungen vollständig zu Wasser, CO2 und Biomasse abbauen ohne Boden- oder Luftqualität zu belasten. Als Rohstoff für die Stärke dient dazu v.a. die Moringa, eine laubabwerfende Strauchart, die in Äthiopien weit verbreitet ist und deren Wurzel stark an Meerrettich erinnert und einen hohen Gehalt an Stärke besitzt. Wie realistisch sein Vorhaben ist, hat er uns nach seiner Einarbeitung am ibp schon unter Beweis gestellt, als er aus oberfränkischen Kartoffeln einen verarbeitbaren Biokunststoff hergestellt hat (siehe Abb. XY). Die nötigen Extraktionsschritte hat er dazu in den Laboren unseres Institutes durchgeführt. Die extrahierten Stärkepolymere wurden anschließend mit einem natürlichen Weichmacher auf unserer Compoundieranlage zu einem Masterbatch extrudiert. In den Folgesemestern wird er die Rezepturen und Prozessparameter der Verarbeitung weiter untersuchen, damit die Compounds für eine Filamentextrusion geeignet sind. Die dafür benötigten Experimente sollen am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF) durchgeführt werden. Dafür unternahm er einen Ausflug nach Dresden, wo er neben dem IPF auch die Stadt Dresden mit ihren historischen Plätzen und Gebäuden kennenlernen konnte.
Seine erste Reise nach Deutschland im Oktober 2019 war zugleich auch seine erste Reise nach Europa. Entsprechend aufgeregt und neugierig war Selamu, so auch wir. Die Mitarbeiter des ibp ermöglichten es Selamu gut in Hof anzukommen und sich zurecht zu finden. Der Kulturschock, die Hürden des Alltags in Deutschland und vor allem die Bürokratie prägten die ersten Tage. Daraus resultierten jedoch immer wieder auch schöne Situationen und gemeinsame Erfolgserlebnisse, sobald wieder eine Hürde genommen werden konnte. So hat jeder seine anstrengende, teils frustrierende aber am Ende immer schöne und reich an Erfahrungsaustausch gewesene Zeit mit Selamu verbringen können. Sei es beim Organisieren einer SIM-Karte, dem gemeinsamen Behördengang, dem gemeinsamen Döner essen oder einfach den Gesprächen untereinander am Institut und in der Freizeit gewesen. Gewiss ein Highlight war das gemeinsam organisierte äthiopische Essen im Restaurant „Cha Cha Cha Cooking“. Mit dem afrikanischen Chefkoch im Restaurant konnte Selamu uns auch seine Kultur und die äthiopischen Speisen, über die Möglichkeiten der Wohnheimküche, hinaus näherbringen. Gemeinsam haben beide ein fabelhaftes Menü erstellt und uns einen Einblick in die äthiopische Küche gegeben. Wir alle verbrachten einen wunderbaren Abend.
Wir freuen uns auf die folgende gemeinsame Forschung sowie die hoffentlich zahlreichen Abendstunden mit Selamu. Wir alle konnten bereits viel voneinander lernen und freuen uns auf alles, was noch kommt!