Die Digitalisierung im Gesundheitswesen geht unaufhaltsam voran. Viele Ängste und Bedenken sind damit verbunden: Werde ich ein gläserner Patient? Bekomme ich noch eine Versicherung, wenn meine Gesundheitsdaten künftig elektronisch abrufbar sind? Gleichzeitig werden viele Gesundheits-Apps genutzt und das seit Anfang des Jahres sogar auf Rezept!
Interdisziplinarität fördert Innovation
Zwei Forschungsgruppen am iisys haben einen interdisziplinären Forschungsschwerpunkt „Digitale Gesundheitssysteme“ aufgebaut. Die Forschungsgruppen „Analytische Informationssysteme“ und „Recht in Nachhaltigkeit, Compliance und IT“ mit ihren Leitern Prof. Dr. Jörg Scheidt und Frau Prof. Dr. Beatrix Weber arbeiten intensiv zusammen, um digitale Innovationen auch im Gesundheitsbereich nutzerfreundlich und rechtssicher umzusetzen.
Oft dritter Partner im Bunde ist die smartlytic GmbH, die als Ausgründung aus dem iisys im Einstein1 beheimatet ist. Die beiden Geschäftsführer Dr. Dirk Reinel und Dr. Florian Wogenstein haben sich nicht nur an der Hochschule Hof mit ihren kooperativen Promotionen einen hervorragenden Ruf erworben. Schon im Master Internet Web Science konnten sie im Modul IT-Recht interdisziplinär punkten. Das Start-up ist ein Erfolgsmodell. Aus den Studierenden sind hervorragende und geschätzte Kollegen geworden.
Volkskrankheit Kopfschmerzen digital bekämpfen
Das Kopfschmerz- und Migräneregister der DMKG wurde als Unterstützung von Ärzten bei der Diagnosestellung, Behandlung und Verlaufsbeobachtung von Kopfschmerzpatienten entwickelt. Durch die Auswertung pseudonymisierter und anonymisierter Patientendaten sollen neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich der Kopfschmerzforschung (Versorgungsforschung) gewonnen werden.
Lücken in der Versorgung von Kopfschmerzpatienten können identifiziert und durch gezielte Interventionen geschlossen werden.
Prof. Dr. Jörg Scheidt
Das Kopfschmerzregister wird von der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG) betrieben. Die Forschungsgruppe Analytische Informationssysteme konnte zusammen mit der smartlytic bei der Konzeption und Umsetzung schon auf Vorprojekte im medizinischen Umfeld zurückblicken: Migräne Radar (Mira) und Clusterkopfschmerz Radar (Clura), zusammenfasst im bürgerwissenschaftlichen Projekt Kopfschmerzradar und moma (module on migraine activity), bei dem eine Smartphone-App für Kinder und Eltern sowie die Webanwendungen für die teilnehmenden Kinder- und Jugendärzte entwickelt wurde.
Die bewährte Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität München wird beim Kopfschmerzregister fortgeführt. Da auch hier die Zugangswege der Patienten als Nutzer oft über die App laufen, wird gerade an einer Erweiterung der App zur optionalen Nutzung als reines Kopfschmerztagebuch („App-only“) gearbeitet. Die Angst der Nutzer vor Zweckentfremdung ihres Kopfschmerztagebuchs bekämpft die Forschungsgruppe Recht: Sie steht für die datenschutzkonformen Gestaltung der Datenbank, die auch mit der Zertifizierung des Kopfschmerzregisters als Medizinprodukt Vertrauen schaffen kann.
Forschungsdatenbank Impfregister
Mit „Analytischen Informationssystemen“ und „Recht und Compliance“ geht es auch bei der bayernweiten Studie „CoVaKo 2021“ zur Sicherheit und Wirksamkeit der SARS-CoV-2 Impfung weiter. Das Projekt, das von der Universität Erlangen federführend durchgeführt wird, vereinigt alle sechs bayerischen Universitätsklinika mit unterschiedlichen Teilprojekten. Es geht um Dreierlei: einmal um die Wirksamkeit der Impfung in verschiedenen Personengruppen, um eine aktive Erfassung der Nebenwirkungen sowie um eine Untersuchung der Durchbruchsinfektionen. Bei Durchbruchsinfektionen werden Risikofaktoren von Menschen erfasst, die sich – obwohl sie geimpft sind – mit dem Virus infizieren.
Aufgabe der beiden Forschungsgruppen am iisys ist es bei CoVaKo 2021, eine Forschungsdatenbank an der Hochschule Hof zu etablieren und technisch so zu organisieren, dass Datenschutz und Datensicherheit bei größtmöglichem Nutzen für die Forschung gewahrt sind.
Prof. Dr. Beatrix Weber
Auch hier ist die smartlytic GmbH wieder mit an Bord. Große Herausforderung ist der Schutz der Patienten, denn die Probanden sind – bis auf die Kontrollgruppe – alle mit COVID-19 infiziert. Bei der rechtlichen Konzeption des Forschungsprojektes steht daher neben dem Datenschutz der Schutz und die Wahrung der Rechte der Probanden als Teilnehmer einer medizinischen Studie im Sinne einer ethischen und verantwortungsvollen Wissenschaft im Mittelpunkt.