Kostenlos abonnieren

Werden Sie regelmäßig per E-Mail über neue Ausgaben der campuls informiert. Sie können Ihr kostenloses Abo jederzeit einfach online über den Abmeldelink im Newsletter kündigen.

Weitere Infos zu Datenschutz & Widerrufsrecht finden Sie hier.

Pfarrer Koller geht in den Ruhestand: „Wollten nie missionarisch tätig sein“

Wechsel bei der ökumenischen Hochschulseelsorge an Hochschule Hof und der benachbarten Hochschule für den Öffentlichen Dienst in Bayern (HföD): Mit Pfarrer Rudolf Koller geht der Vertreter der Evangelischen Kirche in den Ruhestand. Seine Stelle soll nach neuesten Informationen nicht mehr neu besetzt werden. Zwar wird auch der katholische Pfarrvikar Sebastian Schiller nur noch bis in den Herbst für die Hochschulseelsorge tätig sein, seine Position soll danach aber wieder neu besetzt werden. Auch eine besonders erfolgreiche Aktion der Hochschulseelsorge soll es in Zukunft weiterhin geben, so Pfarrer Rudolf Koller im Gespräch mit „campuls-digital“. 

Ein herzliches Händeschütteln mit Präsident Prof. Lehmann (li.) zum Abschied: Pfarrer Rudolf Koller verlässt die Hochschulseelsorge; Bild: Hochschule Hof;

Herr Pfarrer Koller, Sie haben die Hochschulseelsorge über Jahre mit Leben gefüllt. Wie kam es damals überhaupt zu diesem Angebot?

„Der Gedanke eines christlichen Angebotes für Studierende begann mit meinem Vor-Vorgänger, Pfarrer Johannes Taig und dem Jesuitenpater Peter Waibel. Beide boten bereits Mitte der 00er Jahre an der damaligen Beamtenfachhochschule Gesprächsabende an – damals noch ohne jede Dienstordnung und rein als Teil der normalen Gemeindearbeit. Das wurde später seitens der Evangelischen Kirche durch Pfarrer Bezzel weitergeführt. Pater Waibel blieb bis 2010 als sich die Jesuiten aus der Fläche und damit auch aus Hof zurückzogen. Ich kam 2008 auf die Position und bekam mit dem katholischen Pfarrer Hans-Jürgen Wiedow 2010 dann einen wunderbaren Partner für diese Arbeit.“

Ab dann wurde es aber erst wirklich offiziell?

„Ja, zunächst gingen wir natürlich zur Hochschulleitung und fragten, ob wir denn überhaupt willkommen wären und ob wir unser Angebot quasi institutionalisieren dürften. Hier wurden uns wirklich alle Türen geöffnet.  Gemeinsam begründeten wir in der Folge dann die Einrichtung Hochschulseelsorge-Hof und ungefähr ab diesem Zeitpunkt gab es dann auch eine Dienstordnung: Ein Viertel meiner Vollzeitstelle durfte ich seitdem der Arbeit an den beiden Hochschulen widmen. Damit begann die beste Zeit und wir erarbeiten uns ein großes Netzwerk unter Dozentinnen und Dozenten, Verwaltungspersonal und natürlich mit Studierenden.“

Das klingt interessant…

„Ja, denn die Zusammenarbeit mit Pfarrer Wiedow war einfach klasse. Wir fuhren jedes Jahr einmal auf Klausur und erarbeiteten ein immer interessantes Jahresprogramm mit vielen guten Ideen. Vor allem war uns wichtig, die Studierenden auch in die Stadt zu bringen und ihnen in Hof eine Art Heimat erlebbar zu machen. Deshalb begründeten wir unter anderem die Reihe „Kirche, Kunst und Kneipe“, die fortan dreimal im Jahr stattfand. Wir besichtigten Hospital-, Michaelis- oder Marienkirche und hörten ein Orgelkonzert und dann ging es in Traditionsgaststätten wie Finale, Meinels Bas, Trompeter oder Treffpunkt. Einmal pro Jahr luden wir ein zu einer Brauereiführung in der Meinels Bräu. Hier mussten wir die Teilnehmerzahl immer auf maximal 50 Personen beschränken.“

Man könnte durchaus fragen, wo hierbei der Glaubensaspekt zu finden ist…

„Die Glaubensaspekte gab es zweifellos – ob in Kirchenmusik, Kunst oder in Gesprächen. Wir hatten uns aber früh vorgenommen, nicht missionarisch tätig sein zu wollen. Stattdessen wollten wir Gastfreundschaft zeigen und dafür sorgen, dass sich unsere Gäste im christlichen Umfeld und in ihrer Studienstadt wohlfühlen. Urchristlich im eigentlichen Sinn war aber sicher jedes Jahr unsere Geschenkbaumaktion vor Weihnachten. Sie hat die Botschaft „Uns geht es allen gut, bitte teilt etwas mit denen, denen es nicht so gut geht“. Das ist eine der maßgeblichen Botschaften von Jesus Christus. Und deshalb möchte ich auch unbedingt sicherstellen, dass diese Geschenkbaumaktion auch in Zukunft stattfinden wird. Gespräche dazu führe ich gerade.“

Die weihnachtliche Geschenkbaumaktion, bei der Sachgeschenke für soziale Einrichtungen gespendet werden; Bild: Sebastian Schiller;

Das ist schön zu hören. Welche Erlebnisse und Begebenheiten bleiben Ihnen in der Rückschau sonst noch in Erinnerung?

„Ganz besonders zufrieden bin ich auch mit der Ausstellung „30 Jahre Schuldenkrise“, die wir 2013 und – in aktualisierter Form – nochmals 2017 an die beiden Hochschulen bringen konnten. Damit wollten wir einen Einblick geben in einen globalen Skandal. Während jede Privatperson und jede Firma bei Insolvenz ein rechtsstaatliches Verfahren erwartet, sind zig sogenannte Schuldner-Staaten seit Jahrzehnten auf die Gnade – oder eben die Ungnade – ihrer Gläubiger angewiesen. Ein faires Insolvenzverfahren für Staaten gibt es bis heute nicht, auch wenn dies von vielen Organisationen seit langem gefordert wird.

Mittlerweile leiden die christlichen Kirchen in Deutschland unter einer nie gekannten Austrittswelle – ganz im Gegensatz zur Situation auf anderen Kontinenten. Wie erleben Sie diese Situation und spiegelt sie sich unter den Studierenden wider?

„Ja, aber nicht in erster Linie unter den Studierenden. Ich war 40 Jahre lang Gemeindepfarrer. Natürlich haben wir es hierzulande mit zum Teil völlig veränderten Rahmenbedingungen zu tun. Rituale sind verlorengegangen.

Der Kirchenbesuch ist eher die Ausnahme als die Regel, selbst an den großen Feiertagen. Eltern vermitteln dies nicht mehr und somit wird es auch immer schwerer junge Generationen zu erreichen. Aber in vielen Gemeinden wird einfach so weitergemacht wie es eben immer war.“

Pfarrer Rudolf Koller

Was müsste sich denn ändern?

„Im Grunde müsste sich jede einzelne Ortsgemeinde darauf besinnen, wozu sie da ist. Der Gottesdienst ist dabei ein Aspekt, aber eben nicht der Alleinige. Es geht um das Wahrnehmen der Menschen in ihren Lebenssituationen, mit ihren Problemen, mit ihren Ängsten, ihrer Trauer und ihren Unsicherheiten. Mit all dem, bei dem der Glaube Stütze und Trost sein kann. Gerade in der Welt, in der wir heute leben.“

Was heißt das konkret?

„Mir war es immer wichtig, dass zum Beispiel meine Konfirmanden ein gutes Verhältnis zur Kirche bekommen, dass sie sich in diesem Kreis wohlfühlen und dass sie den christlichen Glauben als Teil ihres Wertefundaments und als Wurzel unserer Gesellschaft sehen. Es geht dabei durchaus auch um Identität und Gemeinschaft. Und darum, dass wir als Gesellschaft nicht wehr- und schutzlos gegenüber aggressiven Außeneinflüssen werden.

Kirche muss sorgfältige Arbeit an den Wendepunkten des Lebens leisten: beim Erwachsenwerden mit der Konfirmation, bei der Hochzeit und letztlich auch beim Sterben. Auch der Religionsunterricht in der Schule ist dabei aus meiner Sicht für unsere Gesellschaft enorm wichtig, ob das viele heute noch hören wollen oder nicht. Echte christliche Werte schützen vor wahnsinnig vielen Dummheiten.“

Pfarrer Rudolf Koller

Wie sehen nun Ihre persönlichen Pläne für den kommenden Lebensabschnitt aus? Sie stammen ja aus München – Untergiesing: Geht es zurück in die alte Heimat?…

„Nein. Ich bleibe in Hof wohnen, aber ich werde versuchen meine Zeit für einige Kurztrips zu nutzen. Es gibt viele Städte, die nicht weit von Hof entfernt liegen, die mich stark interessieren und die ich noch näher kennenlernen möchte. Und ich möchte ein Buch schreiben. Das Thema wird ein Teil meiner eigenen persönlichen Geschichte sein.“

Herzlichen Dank und alles Gute!


Weitere Themen