Die autonomen Shuttles, die bislang in Hof, Kronach, Bad Steben und Rehau fuhren, werden dort – zumindest vorübergehend – aus dem Stadtbild verschwinden. Die „Shuttle-Modellregion-Oberfranken“ (SMO) kommt nach mehr als vier erfolgreichen Jahren Ende September planmäßig zum Abschluss. Die Forschungsarbeiten hatten mit dem Start der ersten Projektphase in Oberfranken im Jahr 2020 aus Fördermitteln des Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) begonnen.
Bei der Abschlussveranstaltung im Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof (iisys) waren sich die beteiligten Projektpartner einig: Durch die beiden Förderprojekte SMO1 und SMO2 hatten alle Beteiligten einen nachhaltigen Nutzen an den erzielten Forschungsergebnissen. Die Industriepartner konnten ihre Praxiserfahrung weiter ausbauen und das Thema autonomes Fahren weiter voranbringen. Die beteiligten Hochschulen Chemnitz, Hof und Coburg intensivierten ihre Zusammenarbeit und finanzierten zudem diverse Promotionsstellen und Forschung.
Der künftige Nahverkehr: Barrierefrei und nachhaltig
Insbesondere wurde der Studiengang “Autonomes Fahren” am neuen Lucas-Cranach-Campus in Kronach durch die Projekte und die öffentliche Förderung unterstützt. Sowohl die beteiligten Kommunen als auch die Bürgerschaft gewannen während der Projektlaufzeit wertvolle Erkenntnisse darüber, wie der öffentliche Nahverkehr zukünftig nachhaltig und barrierearm betrieben werden kann. Die Projektergebnisse zeigten laut den Verantwortlichen auch, dass die Forschung im Hinblick auf das automatisierte Fahren in ländlichen Räumen große Fortschritte gemacht hat.
In der ersten Phase stand die Etablierung des Shuttlebetriebs in den Modellkommunen Kronach, Hof und REHAU im Fokus. In Kronach lag dabei der Fokus auf dem touristischen Betrieb, während in Hof die letzte Meile und die Anbindung der Innenstadt an den Bahnhof im Vordergrund standen. Der Shuttlebetrieb war ein voller Erfolg, was auch die Fahrgastbefragungen der Hochschule Coburg während der ersten Projektphase zeigten. Auch die begleitenden Forschungsarbeiten, wie die Shuttle-Leitstelle oder auch die Teleoperation, wurden erfolgreich abgeschlossen.
Zweite Projektphase: Vollständige Automation im Fokus
Die „Shuttle-Modellregion-Oberfranken“ ging Anfang 2022 in ihre zweite Projektphase über und konnte somit die Forschungsarbeiten und den Shuttlebetrieb fortführen. Dabei kam der neue Standort Bad Steben hinzu. Der Shuttlebetrieb erfolgte weiterhin und wurde von der DB Regio Bus ausgeführt. Die zweite Projektphase nahm die KI-unterstützte vollständige Automation in den Fokus. Dabei wurde der bedarfsgesteuerte On-Demand-Betrieb getestet und gleichzeitig untersucht, inwieweit der Shuttle-Betrieb ohne Begleitpersonal durch die im Projekt konzipierte Leitwarte fernüberwacht werden kann. Hier war maßgeblich der Konsortialführer Valeo beteiligt. Jörg Schrepfer, Entwicklungsleiter bei Valeo in Kronach, sagt dazu:
Wir haben uns gefragt, was passiert, wenn die Sicherheitsperson nicht mehr im Shuttle ist, sondern in der Shuttle-Leitstelle? In den vergangenen knapp vier Jahren haben wir gemeinsam im Projektkonsortium hierfür vielfältige Antworten und Lösungen entwickelt. Diese Technologien werden auch in Fahrerassistenzsysteme von Valeo einfließen und eines Tages auch in Ihrem PKW zu finden sein.“
Jörg Schrepfer, Entwicklungsleiter Valeo
Um die Automatisierung aller Schritte rund um die Fahrt zu realisieren, wurden bspw. auch die Shuttletüren umgebaut und getestet, um einen möglichst intuitiv barrierefreien Einstieg zu ermöglichen. Wesentlich für die nun angestrebte vollständige Automatisierung sind die Abläufe beim Fahrzeugzugang und Innenraum. Hierfür konnte das SMO-Projekt mit der Firma Brose weitere Kompetenz ins Konsortium holen. Das Unternehmen REHAU trug u.a. mit einer geschützten und unsichtbaren Integration von Fahrzeugsensorik in die Fahrzeugaußenhaut zur Weiterentwicklung des autonomen Fahrens bei schwierigen Wetterverhältnissen bei.
Wünsche und Erwartungen der Bevölkerung
Darüber hinaus wurden neue Beteiligungsformate in das Projekt integriert, um Belange und Wünsche der Bevölkerung – insbesondere unter dem Fokus der vollständigen Automatisierung, sowie der Barrierefreiheit und der Nutzerakzeptanz – zu berücksichtigen. Die Themengebiete rund um Künstliche Intelligenz und 5G wurden erfolgreich von mehreren Professuren der Hochschule Coburg bzw. des Lucas-Cranach Campus begleitet. Grundsätzlich ließ sich in allen Themengebieten ablesen, wie gut die Verknüpfung von Forschung, Industrie und öffentlicher Hand funktioniert und wie fruchtbar diese sein kann.
“Für Fortsetzung sorgen”
Zur Abschlussveranstaltung am 19.09.2024 am Institut für Informationssysteme (iisys) waren viele Wegbegleiter des Projekts eingeladen. Begrüßt wurden die Gäste zu Beginn durch die Hochschule Hof und deren Präsidenten, der optimistisch in die Zukunft blickte:
Viele Grüße aus China! Wir müssen damit rechnen, dass Projekte, die wir in Deutschland nicht hinbekommen, dort umgesetzt werden. Deshalb ist noch einiges zu tun und wir sollten gemeinsam dafür sorgen, dass die Shuttle-Modellregion Oberfranken eine Fortsetzung findet und weiterentwickelt wird!”
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Lehmann
Jörg Schrepfer vom Konsortialführer Valeo erinnerte sich an die spannende Anfangszeit. Man hatte sich bereits 2019 zusammengefunden, um das Thema Mobilität in Oberfranken voranzubringen und künftig eng über Landkreisgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Dies sei in eindrucksvoller Weise gelungen. Inzwischen unterrichten sowohl die Hochschule Coburg als auch Hof gemeinsam am Lucas-Cranach-Campus in Kronach. Während der Projektlaufzeit von SMO wurde dort auch der Studiengang Autonomes Fahren ins Leben gerufen.
Die Begrüßungsworte der politischen Vertreterinnen und Vertreter lobten die spannenden Ergebnisse des Forschungsprojektes und betonten dabei noch einmal die Wichtigkeit des automatisierten Fahrens für die Mobilität der Zukunft.
Wir konnten Lehren ziehen, die nützlich sind für weitere Projekte. Und wir haben ein hervorragendes Netzwerk geschaffen, das weiterhin selbst Wertschöpfung in der Region schaffen kann. SMO 3 muss kommen – denn wir dürfen nicht auf halbem Wege Halt machen. Wir versuchen alle Hebel in Bewegung zu setzen, um das Projekt auch für eine dritte Phase in die Spur zu setzen.“
Dr. Oliver Bär, Landrat des Landkreises Hof
„Die Stadt Hof hat ihre Shuttles ins Herz geschlossen! Die Shuttles können aber natürlich noch keinen autonomen Linienverkehr abbilden, wie es sich viele vielleicht wünschen würden. Wir kommen mit dieser Projektphase aber enorm weiter und irgendwann werden sich auch die Träume und Wünsche nach der autonomen Mobilität im städtischen Nahverkehr erfüllen. Als Stadt tun wir alles für die Fortsetzung des Projektes und wären in jedem Fall wieder mit an Bord.“
Eva Döhla, Oberbürgermeisterin Stadt Hof
Valeo als Konsortialführer stellte im Anschluss in Kürze das Projekt vor und unterstrich die sehr gute Zusammenarbeit der Projektpartner während der vergangenen Jahre. Jeder Projektpartner stellte außerdem seine Projektergebnisse von SMO II vor.
Nach dem offiziellen Programm konnten die Gäste an Informationsständen mit den einzelnen Partnern ins Gespräch kommen und sich die Projektergebnisse an Demonstratoren vorstellen lassen.
Das Projekt läuft wie geplant noch bis Ende September 2024.
Projektpartner aus Wirtschaft, Forschung und Kommunen
Die kommunalen Projektpartner bestanden aus der Stadt Hof, dem Landkreis Hof und dem Landkreis Kronach. Akademische Partner waren die TU Chemnitz, die Hochschule Hof und die Hochschule Coburg. Partner aus Industrie und Privatwirtschaft vervollständigten die Liste mit DB Regio Bus, REHAU Automotive SE & Co. KG, Brose Fahrzeugteile SE & Co. KG und dem Konsortialführer Valeo Schalter und Sensoren GmbH. Als Praxispartner war die Logistikagentur Oberfranken e.V. und die Nuts One GmbH in die Rolle der Projektkoordination involviert.