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Im Zeichen der Pandemie: Erfahrungen aus dem Sommersemester 2020

Prof. Dr. Willi Darr, Lehrgebiet Allgemeine BWL insbesondere Beschaffungs- und Logistik-Management

Was ist gut gelaufen im digitalen Sommersemester 2020?

Meine Eindrücke und meine Einschätzungen zu diesem sehr speziellen Sommersemester 2020 sind hier sehr vielfältig, da ich sowohl im Schwerpunkt Logistik und Master Logistik lehre und auch Studiengangleiter im Master Global Management und Mitglied des Senats der Hochschule bin. Darüber hinaus betreue ich Veranstaltungen und Abschlussarbeiten in der Weiterbildung. Interessanterweise ist einer meiner Lehrschwerpunkte im Sommer 2020 das Risikomanagement und ganz speziell das der sogenannten Schwarzen Schwäne.

Das Positivste aus meiner Sicht ist, dass das Semester für unsere Studierenden vollumfänglich stattgefunden hat. D.h. mit Veranstaltungen, mit Prüfungen und mit Lösungen für die betroffenen Studierenden. Im Einzelnen möchte ich zuerst die exzellente Unterstützung des dal-Teams nennen, ohne die die kurzfristige Umsetzung der Videoproduktion, der Zoomveranstaltungen und der Überbrückung der Zeit vom 16.03. bis 20.04.2020 nicht funktioniert hätte. So haben letztlich alle in Lehre und Verwaltung an einem Strang gezogen und diese außergewöhnliche Leistung vollbracht.

Doch auch die Studierenden haben diese Herausforderung angenommen. Hervorheben möchte ich hier die Klassensprecherinnen und Klassensprecher beim Master Global Management, beim Master Operational Excellence/ General Management, im Bachelorschwerpunkt Logistik und im Master Logistik, die geholfen haben, die digitale Distanz zu überbrücken. Nur so konnten die Fragen, die notwendigen Informationen, die aufgekommenen Ideen und die getroffenen Festlegungen zur Organisation in beide Richtungen schnell ausgetauscht werden.

Eine beschlossene Satzung im Senat hat den rechtlichen Rahmen geschaffen, hier sehr flexibel auf die Herausforderungen der Corona-Krise zu reagieren. Ich denke da vor allem an die Studierenden, die aus dem Ausland nicht mehr nach Hof kommen konnten, die Studierenden, denen sehr kurzfristig Praktikaverträge mit Abschlussarbeiten gekündigt oder verschoben wurden oder neue Formen der Prüfungen, wenn die Anreise nach Hof unmöglich geworden ist. In Summe, das Semester konnte stattfinden und es war kein verlorenes Halbjahr für unsere Studierenden.

Was ist eher nicht so gelaufen?

Grundsätzlich ist aus meiner Sicht zu sagen, dass die meisten Herausforderungen gemeistert wurden. Was so einfach klingt, war im Einzelfall mitunter schwer.

Dennoch würde ich einen Punkt nochmals erwähnen, der „eher nicht“ geklappt hat: die sehr kurzfristigen Entscheidungen von einzelnen Unternehmen, die Praktika und Abschlussarbeiten sehr kurzfristig zu beenden. Stellen Sie sich die Situation für einen internationalen Studenten vor, der in seinem dritten Semester ab März in Deutschland ein Praktikum mit Masterarbeit findet und im April in ein tiefes Loch fällt. Kein Einkommen, kein Praktikum, kein Thema mehr. Da enden dann auch die Möglichkeiten einer Hochschule. Die Corona-Satzung hat ermöglicht, dass es überhaupt weitergehen kann; auch ohne Unternehmen.

Wie hat sich das digitale Semester für Sie angefühlt?

Ich habe zu dieser Frage ein klares Bild vor meinem inneren Auge. Diese weltweite Krise ist für die Studierenden in einem Alter von Anfang bis Mitte Zwanzig, und dies nicht nur an der Hochschule Hof, die erste wirkliche Krisenerfahrung. Das gewohnte und geplante Leben ändert sich von jetzt auf gleich: Ausgangsbeschränkungen grenzen das gewohnte soziale Leben ein, das Risiko sich und andere anzustecken ist überall vorhanden, die Studentenjobs sind rar, Praktika zu finden ist sehr schwer, und die guten Berufschancen der letzten Jahre sind fast null.

Es braucht schon eine gewisse Zeit, dass sich hier ein Bewusstsein bildet, dass dieses Leben der letzten Jahre und Jahrzehnte das Ergebnis von Leistung ist und in einer vernetzten Welt bei derartigen Ereignissen nichts eigentlich wirklich sicher ist. Und gerade in diesen Momenten werden die Unterschiede von verschiedenen Möglichkeiten, das Leben zu gestalten, sehr deutlich. Da mag jeder den Vergleich ziehen, wie die einzelnen Länder die Corona-Krise gemeistert haben oder glauben sie meistern zu können. In der Krise zeigt sich auch immer die Qualität der Führung. Das fühlt und spürt jeder. Ich denke, dass unsere Studierenden für ihr zukünftiges Leben, einen guten Eindruck und eine gute Lebenslernerfahrung von der Hochschule Hof mitgenommen haben. Auch wenn dies nicht im Lehrplan steht.

Was planen Sie aus diesem Semester mit in die Zukunft zu nehmen?

Die Antwort fällt hier aus meiner Sicht vielfältig aus:

Für meine Lehr- und Forschungsfelder wird das Fachthema „Risiko- und Krisenmanagement“ noch deutlicher thematisiert werden. Interessanterweise hat sich die abschwächende Konjunktur Mitte 2019 schon in Abschlussarbeiten zum Konkursrisiko bemerkbar gemacht. Da kann jeder sehen, wie schnell und feinfühlig die Unternehmen hier agieren. Die ersten Abschlussarbeiten zu den Schwarzen Schwänen laufen bereits. Dies ist ein gutes Zeichen für die Zukunft.

Für die Ausgestaltung der digitalen Lehre und die Formen der Prüfungen würde ich gerne erst ein fundiertes Resümee ziehen. Da habe ich das selbstkritische Gefühl, mit Sicherheit nicht alles perfekt gemacht zu haben. Für mich wird es dabei wichtig sein, wie die digitalen Medien eine zusätzliche Option sein können, den Präsenzunterricht deutlich fokussierter zu gestalten.

Abschließend bedeutet es für mich, mit Studierenden die persönliche, unternehmerische und gesellschaftliche Verantwortung speziell in herausfordernden Zeiten zu diskutieren und erlebbar zu machen. Es ist meine Absicht, dies schon im kommenden Winter zum Ausdruck zu bringen. In welcher Form wird sich zeigen. Nicht ohne Grund ist eine Krise auch die einzigartige Möglichkeit, neue zukunftsfähige Antworten zu geben. So gesehen leisten Hochschulen ihren Beitrag für die Zukunft.

Prof. Dr. Willi Darr

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